Alle Organismen, von den Bakterien und Pilzen bis zu den Pflanzen und Tieren, reagieren auf schädliche Umwelteinflüsse mit einer verstärkten Synthese bestimmter Proteine, den sogenannten Stressproteinen. Bei ökotoxikologischen Studien könnten diese Stressproteine für die Überwachung des Schadstoffeintrags in die Umwelt Bedeutung erlangen. Aus diesem Grund werden seit einigen Jahren Untersuchungen durchgeführt, welche das Ziel haben, die Stressantwort verschiedener Organismen besser zu verstehen. Über die Stressantwort von Mikroorganismen auf physikalische Veränderungen, inbesondere auf einen Hitzeschock, ist bereits einiges bekannt, weniger jedoch über die chemische induzierte Stressantwort. Unsere Forschungsgruppe der Abteilung Mikrobiologie an der EAWAG beschäftigt sich mit der Stressantwort der umweltrelevanten Bakterien <em>Escherichia coli </em>und <em>Pseudomonas putida </em>auf Hitzeschock und chemische Stressoren wie Phenol und chlorierte Phenole.<br />
Ziel der vorliegenden Arbeit war, die Auswirkungen chemischer Stressoren in Batchkulturen von <em>E. coli </em>zu analysieren und mit der bereits besseren untersuchten Hitzeschock-Antwort zu vergleichen. Repräsentativ für die Stressproteine wurde das Hitzeschock-Protein HtpG ausgewählt. Die Auswirkungen eines Hitzeschocks auf die Syntheserate von HtpG in <em>E. coli</em> wurden bereits analysiert. Über seine Funktion in Prokaryonten ist hingegen noch nichts bekannt. In der vorliegenden Arbeit wurde die <em>htpG</em>-Expression mittels einer chromosomalen<em> htpG-lacZ</em> Genfusion bestimmt. Als chemische Stressoren wurden Phenol, 2-Chlorphenol und 2,4-Dichlorphenol eingesetzt. Zusätzlich zu den Stressoren wurde auch der Einfluss der Wachstumsbedingungen untersucht. Dafür wurden die Versuche jeweils in Komplex- und Minimalmedium durchgeführt.<br />
Im allgemeinen zeigten die in Komplexmedium kultivierten Zellen nach einem Störreiz eine höhere <em>htpG</em>-Expression als die ungestressten Zellen. Demgegenüber war bei Zellen in Minimalmedium nach dem Störreiz ein Rückgang der <em>htpG</em>-Expression zu verzeichnen. Diese Resultate illustrieren deutlich, dass neben dem Stressfaktor auch die Wachstumsbedingungen einen starken Einfluss auf die Expression des <em>htpG </em>Hitzeschock-Gens und somit auf die Stressantwort ausübt.<br />
Ein weiteres Ziel der vorliegenden Arbeit war, den Einfluss einer milden, langanhaltenden Temperaturerhöhung (Hitzestress) auf die Proteinsynthese in <em>E. coli </em>und <em>P. putida</em> zu analysieren. Dabei wurde die <em>E. coli-</em>Kultur von 30 °C auf 42 °C, die <em>P. putida</em>-Kultur von 25 °C auf 40 °C erhitzt. Zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Temperaturerhöhung wurden Proben genommen, die Proteine mittels zweidimensionaler Gelelektrophorese auf getrennt und durch Silberfärbung oder Autoradiographie sichtbar gemacht. Die Ge1e wurden anschliessend computerunterstützt verglichen.<br />
Anhand dieser Gele konnte bestätigt werden, dass eine milde Temperaturerhöhung in<em> E. coli</em> und <em>P. putida</em> die Synthese einiger Hitzeschock-Proteine auslöst. Zudem konnte beobachtet werden, dass die Synthese anderer Proteine schwach reduziert wird. Aufgrund von Molekulargewicht und isoelektrischem Punkt könnte es sich bei bestimmten Proteinen der hitzegestressten <em>P. putida</em>-Kultur um Proteine handeln, welche homolog zu den Hitzeschock-Proteinen DnaK und GroEL in <em>E. coli </em>sind.