Département Technologie des procédés
Strategie Micropoll
Im Rahmen des Projekts „Strategie Micropoll“ des Schweizerischen Bundesamts für Umwelt werden Entscheidungsgrundlagen ermittelt, um eine Strategie zur Reduktion des Eintrags von Mikroverunreinigungen aus der Siedlungsentwässerung zu erarbeiten. Das Projekt wurde 2006 gestartet und Ende 2010 abgeschlossen. Die Resultate diese Projekts führten zur Entwicklung der VSA-Plattform "Verfahrenstechnik Mikroverunreinigungen".
Die wichtigsten Fragen, die mit dem Projekt beantwortet werden sollen, sind:
- Stellen Mikroverunreinigungen aus der Siedlungsentwässerung ein Problem für die Gewässer der Schweiz dar? Wenn ja, welche Substanzen und Gewässer sind betroffen?
- Ist die heutige Abwasserreinigung ausreichend oder braucht es eine zusätzliche Reinigungsstufe?
- Wie lässt sich die Belastung der Gewässer mit Mikroverunreinigungen mit geringem Aufwand messen?
Das Projekt ist in 3 Themenbereiche gegliedert:
- Nachweis Handlungsbedarf: Erhebung der Belastungslage der Oberflächengewässer der Schweiz bezüglich ausgewählter Mikroverunreinigungen anhand von Messdaten und Stoffflussmodellierungen.
- Beurteilungskonzept: Erarbeiten eines Konzepts und Auswahl relevanter Mikroverunreinigungen zur Beurteilung der Qualität der Gewässer. Definition von geeigneten Indikatoren für organische Mikroverunreinigungen im Abwasser zur Überprüfung der Effizienz von Massnahmen.
- Grundlagen für die technische Umsetzung: Evaluation von technischen Verfahren bei kommunalen Kläranlagen unter realen Bedingungen. Durchführung zweier grosstechnischer Versuche mit Ozonung und kleineren Versuche mit Pulveraktivkohle-Dosierung.
Die Eawag ist bei all diesen Themenbereichen eng eingebunden.
Was sind Mikroverunreinigungen?
Als Mikroverunreinigungen oder Spurenstoffe werden Substanzen bezeichnet, die in den Gewässern in sehr tiefen Konzentrationen (ng/L bis µg/L, 1 µg/L entspricht ungefähr 1 kg Zucker im Bielersee) nachgewiesen werden. Dazu gehören Chemikalien, die in unterschiedlichsten Anwendungsgebieten eingesetzt werden, wie z.B. Chemikalien für den Pflanzen- und Materialschutz (Pestizide, Biozide), Zusätze in Konsumprodukten wie Sonnencrèmes oder Reinigungsmittel (UV-Filter, Korrosionsschutzmittel), Medikamente (z.B. Antibiotika, Schmerz- oder Röntgenkontrastmittel) oder natürliche und synthetische Hormone (z.B. Empfängnisverhütungsmittel). Diese Stoffe sind teilweise schon in tiefen Konzentrationen hoch wirksam und haben negative Effekte auf Wasserorganismen. Das prominenteste Beispiel dafür ist die Verweiblichung männlicher Fische.
Eintragspfade und Verhalten in Kläranlagen
Mikroverunreinigungen werden über verschiedene Eintragspfade in die Gewässer eingetragen. Einer der wichtigsten Eintragspfade für Pharmaka und Hormone ist gereinigtes Abwasser kommunaler Kläranlagen. Heutige Kläranlagen sind darauf ausgelegt, organische Stoffe und Nährstoffe zu entfernen. Die Eliminationsleistung für Mikroverunreinigungen bestehender Kläranlagen wurde beispielsweise im EU-Projekt Poseidon unter anderem von der Eawag untersucht. Da die bestehende Reinigungsleistung nicht ausreicht, sind weitergehende Verfahren nötig, um den Eintrag problematischer Substanzen in die Gewässer zu verringern.
Weitergehende Verfahrenstechnik
Für die Entfernung von Mikroverunreinigungen stehen verschiedene Verfahrenstechniken wie die Dosierung von Aktivkohle, Nanofiltration, Ozonung oder andere weitergehende Oxidationsprozesse („advanced oxidation processes“ - AOP), die teilweise intensiv an der Eawag erforscht werden, zur Auswahl. Im Projekt „Strategie Micropoll“ werden verschiedene Pilotstudien durchgeführt. Im Vordergrund stehen dabei Verfahren mit einer erwiesenen Breitbandwirkung, wie die Ozonung und die Dosierung von Pulveraktivkohle.
Die Ozonung wird in zwei grosstechnischen Pilotversuchen auf der ARA Regensdorf und der ARA Lausanne (STEP Vidy) untersucht. Der Versuch in Regensdorf wurde Ende 2008 erfolgreich abgeschlossen, der Versuch in Lausanne ging anfangs Mai 2009 in Betrieb. Daneben werden kleinere Versuche mit Dosierung von Pulveraktivkohle in Versuchsanlagen der Eawag sowie auf der ARA Kloten-Opfikon durchgeführt.