Abteilung Verfahrenstechnik

Stickstoffentfernung aus Urin mit partieller Nitritation und anaerober Ammoniumoxidation

Stickstoff ist im Gegensatz zu Phosphor ein unbegrenzt verfügbarer Rohstoff: 78% der Atmosphäre bestehen aus molekularem Stickstoff, der mit dem Haber-Bosch Prozess in Ammonium umgewandelt werden kann. In ländlichen Gebieten mit einem grossen Bedarf an Stickstoffdünger kann die direkte Ausbringung von Urin als Dünger sinnvoll sein. In vielen städtischen Gebieten ist die Verwendung von Urin zur Stickstoffrezyklierung jedoch keine wirtschaftlich tragfähige Option, weil das landwirtschaftliche Land fehlt oder der Transport dorthin zu teuer ist.

In diesem Projekt untersuchen wir ein Verfahren zur Stickstoffentfernung aus Urin: partielle Nitritation in Kombination mit anaerober Ammoniumoxidation. Der Prozess verbraucht vergleichsweise wenige Ressourcen und wird bereits in vielen zentralen Abwasserreinigungsanlagen für die Stickstoffentfernung aus Faulwasser angewendet). Die Anwendung des Prozesses in Kleinreaktoren stellt allerdings neue Herausforderungen. Die Prozessstabilität und -belastbarkeit sind tendenziell gering, weil die Bakteriengruppen eine geringere Diversität aufweisen. Eine weitere Herausforderung ist der hohe Gehalt an biologisch abbaubaren organischen Stoffen in Urin, der das Wachstum von heterotrophen Bakterien fördert.

Partielle Nitritation / anaerobe Ammoniumoxidation wird von aeroben Ammoniumoxidierern und Anammoxbakterien durchgeführt (Zahlen in Rot: Stickstoffflüsse als Anteil des anfänglichen Ammoniums). Nitritoxidierer und heterotrophe Bakterien ändern die Stickstoffflüsse (Schema von Elija Kind erstellt)

Aerobe Ammoniumoxidierer und Anammoxbakterien (anaerobe Ammoniumoxidierer) sind für die partielle Nitritation notwendig. Bei der Behandlung von Urin sind ebenfalls heterotrophe Bakterien und − unter nicht-idealen Betriebsbedingungen − Nitritoxidierer von Bedeutung. Molekularbiologische Methoden (z.B. PCR und DGGE) werden verwendet, um die Diversität der mikrobiellen Population zu bestimmen, Bakterien zu identifizieren und die wichtigsten Organismen und deren Enzymaktivität zu quantifizieren. Prozessstörungen verringern nicht nur die Abbauleistung, sie können auch dazu führen, dass schädliche Zwischenprodukte, wie z.B. das für Bakterien toxische Stickstoffmonooxid (NO) oder der Atmosphärenschadstoff Lachgas (N2O) freigesetzt wird.

In den bisherigen in Versuchen mit einem SBR (sequencing batch reactor) wurden Stickstoffabbauraten von 430 mgN/L/d bei 92% Stickstoffelimination erreicht. In der nächsten Projektphase wird ein Tauchtropfkörper in Betrieb genommen, um die Prozessstabilität und Abbauleistung der beiden Reaktortypen vergleichen zu können.

SBR (Sequencing Batch Reactor) zur Behandlung von Urin mittels partieller Nitritation/anaerober Ammoniumoxidation. Die beiden biologischen Prozesse werden zeitlich statt räumlich getrennt.
(Foto: Kai Udert)

Literatur

Udert K.M., Kind E., Teunissen M., Jenni S., Larsen T.A. (2008) Effect of heterotrophic growth on nitritation/anammox in a single sequencing batch reactor. Water Science and Technology 58(2), 277-284.