Abteilung Umweltsozialwissenschaften
Entscheidungsanalyse zur Bewertung von blau-grüner Infrastruktur unter zukünftigen Klimabedingungen
Blau-grüne Infrastruktur (BGI) ist ein zentrales Element, um die Klimaanpassung von Siedlungsräumen zu fördern. BGI umfasst naturnahe und semi-natürliche Landschaftselemente, wie Versickerungsflächen, sickerfähige Beläge, Gründächer und Rückhalteteiche. Gegenüber «grauen» Infrastrukturlösungen, wie Regenbecken, bietet BGI multifunktionale Vorteile. Einerseits werden im Regenfall Kanalisationssysteme entlastet und weniger Mikroverunreinigungen in Oberflächengewässer eingeleitet, da BGI temporär Regenwasser speichert und Vermischungen von abgeleitetem Regenwasser mit Abwasser verhindert werden kann. BGI kann aber nicht nur Regenwasser aufnehmen, sondern gleichzeitig auch Hitze in urbanen Gebieten mindern, die Biodiversität fördern und Erholungsräume schaffen. Bei der Auswahl konkreter Elemente blau-grüner Infrastruktur ergeben sich in der Planung jedoch mehrere Herausforderungen. Im Hinblick auf die multifunktionalen Vorteile hat jedes Element seine Stärken und ist mit unterschiedlichen Kosten verbunden. Bei gemeinsamer Bewertung können hierbei Zielkonflikte zwischen unterschiedlichen Interessensgruppen, z. B. der öffentlichen Hand, Anwohnenden oder Naturschutzverbänden, auftreten. Zudem birgt die Kombination bestimmter Elemente Synergiepotenziale. Ausgewählte blaue Elemente können zusätzliches Wasser für grüne Elemente liefern und so die Wirksamkeit des Gesamtsystems in Zeiten großer Hitze und Trockenheit erhöhen. Des Weiteren sind die Auswahl von BGI und deren Auswirkungen von der klimatischen Entwicklung abhängig. Dies ist in der Bewertung zu berücksichtigen. Die Auswahl von BGI stellt daher ein komplexes Planungsproblem dar – verschiedene Elemente können unterschiedlich kombiniert werden und haben unterschiedliche Auswirkungen.
In dieser Forschungsarbeit bewerten wir verschiedene BGI-Optionen auf Siedlungsebene unter zukünftigen Klimabedingungen und unter Einbeziehung der Ziele und Präferenzen verschiedener Akteure. In einer Option werden dabei jeweils unterschiedliche BGI-Elemente kombiniert. Wir möchten Optionen finden, die sowohl gegenwärtig als auch zukünftig möglichst vorteilhaft für die beteiligten Akteure sind. In unserer Bewertung werden wir, neben den Präferenzen der Akteure, Informationen aus hydrologischen Simulations- und Klimamodellen sowie wissenschaftliche Erkenntnisse und Vorhersagen von Expertinnen über die Auswirkungen der Optionen berücksichtigen.
Hierfür wenden wir die Methoden der multikriteriellen Entscheidungsanalyse (engl.: «Multiple Criteria Decision Analysis»; MCDA) an. Um der Komplexität des Entscheidungsproblems zu begegnen, setzen wir problemstrukturierende Methoden (engl.: «Problem Structuring Methods»; PSMs) ein. Die Ziele und Präferenzen von beteiligten Akteuren in Bezug auf die Funktionalität von BGI beziehen wir in unsere Bewertung ein. Wir erheben diese in Umfragen und Workshops und wenden die multi-attributive Werte-Theorie, bzw. Nutzen-Theorie (engl.: «Multi-Attribute Value / Utility Theory»; MAVT / MAUT) an. Da die prognostizierten Konsequenzen der BGI-Optionen oft mit grossen Unsicherheiten behaftet sind, werden diese mittels statistischer Verteilungen modelliert. Diese Unsicherheiten berücksichtigen wir in der Bewertung mittels Monte-Carlo-Simulation. Unsicherheiten, die die Präferenzen betreffen, berücksichtigen wir mittels Sensitivitätsanalysen. Dies erlaubt es uns die Robustheit der erzielten Ergebnisse zu beurteilen. Mit dieser Forschungsarbeit wollen wir Ingenieure, Stadtentwicklerinnen und beteiligte Interessensgruppen über die vielschichtigen Potenziale und Auswirkungen verschiedener BGI-Optionen informieren und untersuchen, welche Aspekte bei der Abwägung zwischen Optionen am wichtigsten sind. Unsere Forschungsarbeit ist Teil des BETTER Projektes.
Projektinformationen
Projektzeitraum: Oktober 2024 – Juni 2026