Abteilung Siedlungswasserwirtschaft

Multifunkionale Gründächer

Optimierung der Umweltvorteile von Gründächern durch systemorientierte Experimente und Modellierung

Zusammenfassung

Von städtischen Überschwemmungen bis hin zum städtischen Wärmeinseln-Effekt stehen die Städte vor einer wachsenden Zahl von Umweltproblemen, die innovative und ganzheitliche Ansätze erfordern. Ein solcher Ansatz sind multifunktionale Gründächer, die begrünte Dächer mit Solar-Photovoltaik-(PV)-Anordnungen kombinieren. Dieser Ansatz ist vielversprechend, da PV-Zellen den Pflanzen Schutz bieten, während die Vegetation die Module kühlt und ihren Wirkungsgrad zur Stromerzeugung erhöhen kann. Gründächer haben auch das Potenzial, die Menge städtischer Abflüsse zu reduzieren, die Temperatur der Städte zu senken, Energie in Gebäuden zu sparen und die Biodiversität zu fördern. Sie sind jedoch selten darauf ausgelegt, diese vielfältigen Vorteile zu erreichen, so dass es an Verständnis dafür mangelt, wie unterschiedliche Designentscheidungen zu jedem Umweltziel beitragen.

Das Projekt (“Multifunktionale Gründächer”) untersucht Potenziale und Grenzen bei der Gestaltung von Gründächern, insbesondere hinsichtlich des ökologischen Nutzens durch Synergien. Im Einklang mit diesem Ziel führen wir derzeit ein Feldversuch durch, um den Einfluss verschiedener Vegetationstypen auf den vielfältigen Umweltnutzen von Gründächern zu bewerten. In zukünftigen Projektphasen werden experimentelle Daten (seit Juli 2019 online) in Verbindung mit Simulationsmodellen verwendet, um die Auswirkungen verschiedener Pflanzenarten auf die vielfältigen ökologischen Nutzens, die durch eine Dachbegrünung erreicht werden können, zu quantifizieren.

Daten des Versuchsstandortes

Seit Juli 2019 erheben wir folgende Daten von vier kleinen Gründächern (2,5 x 3 m) auf dem Campus der ETH Honggerberg in Zürich, Schweiz. Diese Daten werden alle 5 Minuten aus der Ferne gesammelt und automatisch in einem Online-Repository gespeichert (data pool).

Data typeSensor TypeQuantity
Timing and volume of dischargeTipping bucket flow gauge4
Soil moisture and temperatureTEROS 11 temperature / moisture sensor8
Plant canopy temperature and humiditySensirion temperature humidity sensor4
Long wave radiation from plant canopyPyrgeometer1
Temperature of solar panel surfacePT1000 platimum resistance thermometer16
Electrical output of solar panelsDC/AC converter 4
Rainfall dataOttPluvio weighing rain gauge1
Climate variables (temperature, solar radiation, wind speed, humidity, air temperature)Lufft compact weather station1

Übersicht des Feldversuchsprogrammes

Basierend auf einer fachübergreifenden Literaturrecherche und Interviews mit Experten haben wir festgestellt, dass die Vegetationsform einen erheblichen Einfluss auf die Umweltvorteile des Gründachs haben kann. Es ist jedoch noch unklar, wie sich unterschiedliche Vegetationseigenschaften auf das Gründach als System auswirken, einschließlich der damit verbundenen ökologischen Nutzens:

  • Minimierung der Spitzenentladung,
  • Verminderung des Wärmeisolationseffekts und
  • Steigerung der Effizienz von Dachsolarzellen

Um unser Verständnis des Systems zu verbessern, evaluieren wir drei verschiedene Vegetationstypen, um festzustellen, ob das Reflexionsvermögen (Albedo) oder die Evapotranspirationsrate die ökologischen Nutzens eines Gründachs beeinflussen kann. Zu den Arten, die im Juni 2019 gepflanzt wurden, gehören:

Sedum album

Eine mattenbildende, sukkulente Spezies, die als "Basis"-Art ausgewählt wurde, weil sie eine der am häufigsten verwendeten Pflanzenarten auf Gründächern ist. Sedums sind pflegeleicht und dürreresistent, aber diese Arten halten nachweislich fast die gleiche Wassermenge wie nackter Boden. 

Silene vulgaris

Eine hohe, blühende Pflanze aus der Schweiz, die ausgewählt wurde, weil Pflanzen mit grösserem Durchmesser, Trieben und Wurzelbiomasse mehr Abfluss reduzieren als kleinere Arten. Die Gattung Silene hat eine hohe Abflussrückhaltung und einen hohen ET-Wert, bevorzugt aber trockene Böden, die für Gründächer typisch sind.

Stachys byzantia

Eine Bodendecke mit behaarten, silbernen Blättern, ausgewählt, weil sie im Vergleich zu Sedums eine geringere Oberflächen- und Lufttemperatur aufweist, höchstwahrscheinlich aufgrund ihrer silbernen Farbe, die Albedo erhöht und Strahlung in die Atmosphäre zurückwirft. Diese Pflanze wurde noch nicht mit Arten mit hohem ET-Wert verglichen.

Pflanzen unter Sonnenkollektoren platzieren - Warum tun Sie das?

Aufgrund ihrer Fähigkeit, dezentrale, erneuerbare Energien zu erzeugen, spielen Photovoltaikmodule eine wichtige Rolle bei der Energiesicherheit und der Eindämmung des Klimawandels. Einer der Nachteile dieser Technologie ist jedoch ihr geringer Wirkungsgrad bei der Umwandlung von Sonnenenergie in Strom. Die meisten Standard-PV-Zellen wandeln 20 bis 30% der Sonnenenergie in Strom um, so dass bereits kleine Effizienzgewinne die aus Solarzellen gewonnene Energiemenge erheblich verbessern könnten.

Die Effizienz des Solarmoduls ist abhängig von der Temperatur und der Menge an Sonnenlicht, die von den Modulen aufgenommen wird. Die Beibehaltung der Panels bei stabilen und kühlen Temperaturen kann deren Effizienz verbessern. Eine weitere Möglichkeit, die Effizienz zu verbessern, besteht darin, kurzwellige Energie von einer hellen Grundoberfläche auf die Panels zu reflektieren.

Gründächer haben das Potenzial, den Wirkungsgrad von PV-Modulen durch beide Maßnahmen zu verbessern. Die Vegetation kühlt die Luft unter den Solarmodulen und reduziert die Menge der von den Solarmodulen aufgenommenen (konvektiven) Wärme. Silberne oder weiße Pflanzenarten, die auf einem Gründach verwendet werden, können auch die Sonneneinstrahlung auf Solarmodule zurückreflektieren.

Bi-faziale Solarmodule

Bifaziale Solarmodule sind vertikale Solarmodule, die Sonnenenergie von beiden Seiten aufnehmen können. Sie entwickeln sich als Ergänzung zu abgewinkelten Solarmodulen, da sie den ganzen Tag über eine stabile Stromerzeugung liefern und nicht eine Spitzenversorgung am Mittag. Aufgrund ihres vertikalen Winkels haben Bifazial Panele auch ein höheres Potenzial, reflektierte Sonnenenergie von der Bodenoberfläche zu absorbieren. Aus diesen Gründen werden in diesem Projekt anstelle von Flachbildschirmen bifaziale Panelseeingesetzt.

Teilprojekte und Modellierungsbemühungen

Ein übergeordnetes Ziel dieses Projekts ist es, das Zusammenspiel zwischen einem Gründach und einer PV-Anlage auf dem Dach zu modellieren. Dieses gemeinsame Modell wird es ermöglichen, Szenarien zu erforschen, die die Temperatur des Daches, die Leistung der Paneele und den Abfluss des Gründachs verändern könnten. Einzelne Modelle werden entwickelt, bevor sie zu einem umfassenden Dachmodell zusammengeführt werden. Zu diesem Zweck sind drei Teilprojekte im Gange oder geplant:

1. Bewertung potenzieller Effizienzsteigerungen von Solarmodulen auf begrünten Dächern

In diesem Projekt, wird das System Advisor Model (SAM) verwendet, um den Bereich der Temperatur- und den Albedoveränderungen zu untersuchen, welche die Effizienz des Solarmoduls verändern könnten.

2. Kopplung von Energie- und Wasserhaushalt auf einem Gründach durch Evapotranspiration

Mit neuartigen Anpassungen der Penman-Monteith Evapotranspirationsgleichung modelliert dieses Projekt den Einfluss von Veränderungen des Vegetationstyps (Oberflächenwiderstand) auf die Energie- und Wasserbilanz des Gründachs anhand experimenteller Daten.

3. Etablierung eines umfassenden multifunktionalen Gründachmodells

Mit Hilfe eines Python-Wrappers wird dieses Projekt das Vorgängermodell zu einem Open-Source-Dachmodell kombinieren, das für Testszenarien des aktuellen und zukünftigen Klimas zur Verfügung steht und den Gesamtnutzen eines multifunktionalen Gründachs bewertet.

Vielen Dank an die folgenden Personen für ihre Hilfe und Unterstützung

Dieter Ramseier (ETHZ, Institut für Integrative BiologieInstitut für Integrative Biologie)

Michael Arnold (ETHZ, Institut für Umweltingenieurwissenschaft)

Walter Grob (Solvo Plus)

Andreas Dreisiebner (solar spar)

Giel Sniedt (Nophadrain)

Reinhard Bischoff und andere von Decent Lab

Gionata Borotti und andere von AZ ELEKTRO AG

Suntechnics

Christoph Kaufmann (Kaufmann, Spenglerei + Sanitär AG )

Kontakt

Dr. Lauren Cook Gruppenleiterin Tel. +41 58 765 5474 E-Mail senden

Projektteam

Christian Ebi Sensor-Netzwerke und Elektronik Tel. +41 58 765 5992 E-Mail senden
Simon Bloem Mechanische Konstruktion & additive Fertigung Tel. +41 58 765 6472 E-Mail senden