Die Klimakrise ist eine Wasserkrise
Bei der Begrenzung der Erderwärmung ist die Menschheit nicht auf Kurs. Dabei sind die Auswirkungen der Klimakrise bereits heute – auch hierzulande – deutlich spür- und messbar. Und: Sie manifestieren sich hauptsächlich in Veränderungen des Wasserkreislaufs.
Für die Schweiz bedeutet das, dass die Winter regenreicher und die Sommer trockener werden. Die Häufigkeit von extremen Wetterereignissen wie Dürren, Hitzewellen, Starkregen und Überschwemmungen wird zunehmen.
Trockenheit führt zu Nutzungskonflikten
Welche Auswirkungen Wassermangel auch in der Schweiz haben kann, hat man in den Sommern 2018 und 2022 in der Landwirtschaft gesehen: Im Flachland war das Pflanzenwachstum auf den Feldern eingeschränkt und die Erträge fielen deutlich geringer aus, in alpinen Gebieten musste das Vieh per Helikopter mit Frischwasser versorgt werden. Am Beispiel Trockenheit zeigt sich das grosse Konfliktpotenzial, das Extremwetterereignisse mit sich bringen: Wenn Niederschläge über längere Zeit ausbleiben, kommt es zu vielfältigen Nutzungs- und Interessenkonflikten – zwischen dem Schutz von Ökosystemen und dem Erhalt der Biodiversität auf der einen Seite und landwirtschaftlicher Nutzung, Energiegewinnung, Trinkwasserversorgung und künstlicher Beschneiung von Wintersportgebieten auf der anderen Seite. Es braucht also dringend Lösungen, wie sich Gesellschaft und Wirtschaft an die veränderten Voraussetzungen im Bereich Wasserverfügbarkeit anpassen können. Eine Möglichkeit ist, Wasser wiederzuverwenden und damit die Kreisläufe des Wassers zu schliessen. Die Eawag arbeitet daher an Methoden zur Wiederverwendung von gebrauchtem Wasser.
Infrastruktur für extreme Wetterereignisse rüsten
Nicht nur die ausgeprägteren Trockenphasen mit Wasserknappheit stellen uns vor grosse Herausforderungen. Infolge der zunehmenden Starkregenereignisse kommt es auch immer häufiger zu Überschwemmungen. Derzeit sind urbane Infrastrukturen vielerorts nicht für solche Extremniederschläge konzipiert und die enormen Wassermassen können in so kurzer Zeit nicht über die Kanalisation abfliessen. Forschende der Eawag untersuchen daher in sogenannten Reallaboren, wie bestehende Infrastrukturen für die Zukunft fit gemacht werden können und wie sich Regenwasser mittels Versickerungsflächen dort speichern lässt, wo es fällt. Dieser verstärkte Rückhalt verhindert auch, dass ungeklärtes Abwasser die Gewässer verschmutzt. Zum Einsatz kommen dabei unter anderem modernste Sensornetzwerke, welche die grundlegenden hydrologischen und mikroklimatischen Bedingungen erfassen. Hoch aufgelöste Niederschlag-Abfluss-Modelle erlauben es zudem, künftig Vorhersagen für Überschwemmungen zu treffen und so Schäden an Mensch und Infrastruktur zu verhindern. Gleichzeitig untersucht die Eawag, wie städtische Infrastrukturen mit Grün- und Wasserflächen sommerliche Hitzeperioden dämpfen, die Biodiversität fördern und die Grundwasseranreicherung verbessern können.
Lösungen für infrastrukturschwache Gebiete
Klimabedingte Herausforderungen treten nicht nur in der Schweiz auf. Weltweit führt die Klimakrise vermehrt zu Dürren und Überschwemmungen, welche wirtschaftliche Krisen und Konflikte verschärfen und gesundheitliche Probleme verursachen. Die Überflutung von sanitären Einrichtungen wie Klärgruben beispielsweise kann in infrastrukturschwachen Gebieten die Umwelt und das Trinkwasser verschmutzen und die Gesundheit der Menschen gefährden. Zudem können die stehenden Wasserflächen, die nach einer Überflutung zurückbleiben, in Kombination mit unzureichenden Sanitärsystemen Infektionskrankheiten befördern. Um Mensch und Umwelt besser vor den Auswirkungen der Klimakrise zu schützen, entwickeln Forschende der Eawag mit der betroffenen Bevölkerung geeignete Lösungen und unterstützen lokale und internationale Organisationen bei der Umsetzung passender Massnahmen.