Abteilung Siedlungswasserwirtschaft

MiwARA - Pilotstudie zum Stand der Mischwasserbehandlung in Schweizer ARA

Wenn die Leistungsreserven einer ARA das zulassen, kann eine erhöhte Zulaufmenge bei Regen eine sehr kostengünstige Gewässerschutzmassnahme sein.

 

Abwasserreinigungsanlagen (ARA) werden so gebaut, dass sie bei Trockenwetter das gesamte Abwasser behandeln. Bei Regenwetter wird aber so viel mehr Wasser in Regen- und Mischwasserkanalisationen abgeleitet, dass es die Kapazität der ARA überschreitet. Dann wird das Mischwasser zum Teil in Regenüberlaufbecken (RÜB) zwischengespeichert und notfalls in Flüsse und Seen abgeleitet, um die Kanalisation nicht zu überlasten.

Wenn eine ARA eine gute Reinigungsleistung und genug Reserven besitzt, kann eine Erhöhung der Zulaufmenge eine kostengünstige Gewässerschutzmassnahme darstellen. Denn durch eine Erhöhung des Mischabwasserzuflusses zur ARA können Emissionen aus Regenüberlaufbecken reduziert werden. Allerdings erhöht sich dadurch auch das Risiko für Schlammabtrieb und eine verringerte Nitrifikationsleistung auf der ARA. Leider gibt es für die Schweiz noch keine Angaben, ob und inwieweit die Erhöhung des Mischwasserzuflusses zur ARA in der Praxis umgesetzt wird. 

Das Ziel dieses Pilotprojektes war die deshalb Erhebung des aktuellen Stands der Regenabwasserbehandlung auf ARAs in der Schweiz. Es wurde im Rahmen einer studentischen Arbeit durchgeführt (Referenz).

 

Eine einfache screening-Analyse des Mischwasserabflusses zur ARA und des Spreizungsfaktors fS,QM

 

Als einfache Kennzahl für die Regenabwasserbehandlung wird der Faktor fS,QM aus der ATV-DVWK A-198 vorgeschlagen, der den Unterschied zwischen Regenwetter- und Trockenwetterzulauf beschreibt. Zum ersten Mal in der Schweiz wurde eine grossflächige Analyse der zeitlich hoch aufgelösten Zulaufdaten durchgeführt und fS,QM durch eine Aufteilung der Zulaufganglinien für 65 Schweizer ARAs bestimmt.

Die Qualität der Zulaufdaten wurde durch Tests auf Einmaligkeit, Datenlücken, Gradienten, eingefrorene Werte und die physikalisch mögliche Wertbreite untersucht. Unplausible Werte wurden von den weiteren Berechnungen ausgeschlossen. In den weiteren Schritten wurde der Trockenwetterabfluss mit der Methode des gleitenden Minimums über 21 Tage und der Fremdwasserabfluss mit der Nachtminimum-Methode bestimmt. Zur Überprüfung der Annahmen, die bei der Methode des gleitenden Minimums getroffen werden, werden zusätzlich Regendaten beigezogen.

 

Die Datenqualität ist gut und die Mischwasserbehandlung der 65 teilnehmenden ARAs entspricht den Erwartungen

 

Die Ergebnisse zeigen, dass die Datenqualität der Zulaufdaten größtenteils gut ist und nur bei vereinzelten ARAs Probleme auftreten.

Die einfache screening- Mischwasserbehandlung bei den teilnehmenden ARAs scheint angemessen zu sein. Die Methode des gleitenden Minimums für die Trockenwettertage zeigt keine Werte unter 3, und nur etwa 10% liegen außerhalb des empfohlenen Bereichs. Der Faktor fS,QM ist jedoch sehr empfindlich gegenüber der Methode zur Bestimmung der Trockenwettertage. Wenn Meteoschweiz-Regendaten verwendet werden, resultiert zum Teil ein kleinere Spreizungsfaktor. Bei dieser Methode liegen rund ein Viertel der ARAs unter einem Spreizungsfaktor von 3 und etwa 40% unter dem empfohlenen Bereich.

Abbildung 1: Spreizungsfaktor nach Einwohner-Klassen (links, Mitte) und ARA-Kategorien gemäss VSA. 

Die Pilotstudie gibt einen Gesamtüberblick über die Mischwasserbewirtschaftung in den Schweizer ARAs. Leider konnten keine detaillierte Analysen zu den einzelnen ARAs und ihren Einzugsgebieten durchgeführt werden. Die Ergebnisse sind auch nicht repräsentativ für die Schweiz, da nur 65 der mehr als 700 ARAs Daten zur Verfügung gestellt haben.

In Zukunft könnten sich die tatsächlichen Bewirtschaftung des Entwässerungssystems und der ARAs möglicherweise durch vier Grössen beschreiben und bewerten lassen: das Regengeschehen, den Mischwasser-Spreizungsfaktor fS,QM, die Häufigkeit von Qmax,ARA pro Jahr, und den spezifischen Speicherkoeffizienten im Entwässerungssystem.

 

Referenzen

DWA (2003). Vereinheitlichung und Herleitung von Bemessungswerten fur Abwasseranlagen. ger. ATV/DVWK- Regelwerk Arbeitsblatt A 198. Hennef: ATV-DVWK Deutsche Vereinigung fur Wasserwirtschaft. isbn: 978-3-924063-48-1.

Baum, Chiara und Stutz, Alina (2021) Datenanalyse des Zulaufs von Schweizer Kläranlagen bezüglich Variabilität und Regenwasserbehandlung, Master-Projektarbeit, Umweltingenieurwissenschaften ETH, Zürich