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Blue Diversion Autarky Toilette im Praxistest
29. Januar 2021 |
«Ich bin sehr stolz auf unsere Technologien und sehe darin grosses Potenzial» sagt Eva Reynaert, welche am Projekt beteiligt war und die Feldtests mitbetreut hat. Die Blue Diversion Autarky Toilette bietet gerade in wenig entwickelten Gebieten grosse Vorteile: Sie funktioniert ohne Wasseranschluss und benötigt auch keine Kanalisation. Durch die Trennung von Spülwasser, Urin und Fäkalien lassen sich zudem wertvolle Ressourcen zurückgewinnen, zum Beispiel Wasser oder Nährstoffe. «Nun wollten wir das Autarky unter realen Bedingungen testen», erklärt Reynaert.
Gemeinsam mit einem Team von Forschenden hat Reynaert die Blue Diversion Autarky Toilette neben einer bestehenden Trockentoilette auf dem Grundstück einer vierzehnköpfigen Familie aufgebaut, ausserhalb von Durban in einer Gegend ohne Kanalisationsanschluss. Die Toilette funktionierte dort selbstständig und weitgehend störungsfrei. Teil der Tests waren neben den Technologien im Hintergrund auch die Sanitärobjekte wie Lavabo, Urinal und einer neu entwickelten wassergespülten Urin-Trenntoilette. Nebst der technischen Leistung der Behandlungsmodule stand auch die soziale Akzeptanz eines solchen Toilettensystems im Fokus des Tests.
Die Vorteile eines stillen Örtchens
Im Unterschied zu der bisherigen Trockentoilette bietet die Blue Diversion Autarky Toilette den Benutzern die Vorteile einer modernen Toilette mit Privatsphäre, abschliessbarer Tür, elektrischem Licht, Fenster und eigenem Lavabo mit Seife und Spiegel. Die Wasserspülung ermöglicht eine geruchsfreie Umgebung. Dies wurde von den Bewohnerinnen und Bewohnern besonders geschätzt und das Toilettenhäuschen wurde gerne genutzt – auch um einfach einmal einen kurzen Moment für sich alleine zu sein.
Urinal und Waschbecken im Blue Diversion Autarky Toilettenhäuschen in Durban.
Die Trenntoilette ist nicht zu sehen.
(Foto: Autarky, Eawag)
Urin- und Wassermodul haben sich bewährt
Getestet wurden das Wasser- und Urinmodul, da die Entwicklung des Fäkalienmoduls noch nicht abgeschlossen war. Ein Techniker prüfte zwei bis dreimal wöchentlich die Systemteile und füllte Wasser nach, das durch die Verdunstung und bei der Trennung von Feststoffen und Urin verloren ging. Ausserdem entnahm er Proben von Wasser und Urin, um sie im Labor zu analysieren.
Das Wassermodul, welches das Wasser von der Toilettenspülung reinigt und wieder ausgibt, funktionierte weitgehend störungsfrei. «Ein mehrstündiger Stromunterbruch führte zu einer höheren Nitritbelastung des Wassers, was für das Toilettenspülen aber kein Problem darstellte», erklärt Reynaert. «Einmal vergass der Techniker, eine Pumpe wieder einzuschalten, und ganz am Anfang war eine Leitungsverbindung nicht dicht angezogen, deshalb tropfte es leicht. Die Technologie an sich hat super funktioniert»
Das Urinmodul wandelt den von Fäkalien und Spülwasser getrennten Urin in Dünger um, indem er stabilisiert und getrocknet wird. Durch die Stabilisierung werden wichtige, zum Teil leicht flüchtige Pflanzennährstoffe im Urin fixiert, krankheitserregende Keime abgetötet und Geruchsbildung verhindert. Dieses System hat während den drei Monaten ohne Störungen funktioniert. Einmal monatlich konnte das konzentrierte Urinprodukt entnommen werden. «Was die Qualität des zukünftigen Düngers anbelangt, haben wir noch Verbesserungspotenzial erkannt, da in diesem Feldtest noch ein substantieller Teil des Nährstoffs Stickstoff im Prozess verloren ging» sagt Michel Riechmann, der in Durban für den Test des Urinmoduls zuständig war.
Urinbehandlung auf 2200 Metern Höhe – Auch der SAC ist interessiert an neuen Abwasserbehandlungslösungen für seine Hütten, wie dieses gemeinsame Pilotprojekt mit dem Ingenieurbüro Vuna und der Eawag zeigt.
(Foto: Michel Riechmann, Eawag)
Auch in der Schweiz erfolgreich getestet
Das Urinmodul wurde nicht nur in Durban, sondern auch als einzelnes Modul in Kombination mit Trockentoiletten in Au am Zürichsee und auf der Leglerhütte in den Glarner Alpen Praxistests unterzogen. Grundsätzlich konnte auch hier der automatisierte Betrieb erfolgreich wiederholt werden. Die zum Teil tiefen Temperaturen führten jedoch zu einem verlangsamten Trocknungsprozess. Dank zusätzlich eingebauter Photovoltaikmodule funktionierte das Urinmodul auf 2200 Metern Höhe dafür sogar komplett energieautark.
Die Forschung für das autarke Toilettenhäuschen Blue Diversion Autarky startete bereits 2011 mit der «Reinvent the Toilet Challenge», welche von der Bill und Melinda Gates Stiftung ausgerufen wurde. Im Projekt Blue Diversion wurden die Grundlagen für eine mobile Trenntoilette gelegt, welche Wasser für das Händewaschen und die WC-Spülung rezykliert. In der neuen Autarky Toilette sollen neben Wasser auch Urin und Fäkalien vor Ort behandelt werden und eine separate Entsorgung unnötig machen. Es ist möglich, die Elemente Wassermodul, Urinmodul und Fäkalienmodul je nach Anwendung einzeln oder in Kombination mit anderen Technologien einzusetzen.
Sehen Sie sich das Video auf Youtube an.
Titelbild: Autarky, Eawag