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Daten zu Europas Flüssen und wo man sie findet
16. Oktober 2024 |
Heute geht in der hydrologischen Forschung oft viel Zeit verloren, um Daten aus verschiedenen Ländern zusammenzusuchen. Häufig erweisen sich dabei die Landessprachen und die unterschiedlichen Zugänge zu den Daten als grosse Barrieren. «Bei EStreams geht es um die Abflussdaten von Europas Flüssen und wo man diese Daten findet», erklärt Thiago Nascimento, Doktorand an der Eawag: «Mit EStreams haben wir einen Katalog erarbeitet, der für die europäischen Länder Informationen enthält, wo man die Abflussdaten findet und wie man sie herunterladen kann. Damit füllen wir eine Lücke.»
In mühsamer Kleinarbeit durchsuchten Nascimento und Julia Rudlang, eine Kollegin der niederländischen, technischen Universität Delft, das Internet, kontaktierten Kollegen und Behörden überall in Europa, um herauszufinden, wer hydrologische Daten zur Verfügung stellt. Auf diese Weise sammelten sie von mehr als 50 verschiedenen Datenlieferanten in insgesamt 41 Ländern tägliche Abflussdaten aus 17'130 europäischen Flusseinzugsgebieten. Der Datensatz erstreckt sich über einen Zeitraum von bis zu 120 Jahren. Obwohl diese Daten kostenlos zur Verfügung stehen, können sie aus rechtlichen Gründen nicht direkt im Rahmen von EStreams publiziert werden. Doch von Nascimento erarbeitete Python-Skripts erlauben den Interessierten einen einfachen Zugang zu den Daten-Providern in den meisten Ländern. Wo dies nicht möglich ist, hilft eine E-Mail-Adresse weiter. Das spart viel Zeit.
Informationen zur Landschaft
Doch EStreams ist nicht nur ein Katalog, sondern auch eine Datenbank für die Einzugsgebiete der Flüsse in Europa. Sie enthält für jede dieser Regionen Informationen über das Klima, die Geologie, die Topografie, die Landnutzung und Bodenbedeckung sowie die Bodenbeschaffenheit und Vegetation. Diese Angaben wurden aus verschiedenen, öffentlich zugänglichen Datensätzen abgeleitet und können von den Benutzern direkt heruntergeladen und für die Forschung benutzt werden. «Ich erwarte, dass unser Verständnis der Flüsse und der Hydrologie mit einem so grossen Datensatz verbessert werden kann», sagt Nascimento.
EStreams kann vor allem für die Erstellung hydrologischer Modelle verwendet werden, einschliesslich der auf maschinellem Lernen basierenden Modelle der nächsten Generation, die einen hohen Datenbedarf haben. Da sich der Datensatz über einen langen Zeitraum erstreckt, lassen sich damit beispielsweise das Risiko von Hochwasserereignissen oder Dürren abschätzen. In einer aktuellen Arbeit nutzen Forschende EStreams bereits zur Erstellung einer umfassenden Analyse der historischen Überflutungen in Europa. Nascimento untersucht in seiner Doktorarbeit, warum bestimmte Flusseinzugsgebiete empfindlicher reagieren gegenüber Umwelt- und Klimaveränderungen als andere.
«Jeder Fluss und jedes Einzugsgebiet ist einzigartig», sagt der Forscher. Es ist deshalb keineswegs einfach, vorauszusagen, was passiert, wenn beispielsweise in einem bestimmten Gebiet der Wald abgeholzt wird. Dank EStreams können Forschende maschinelles Lernen einsetzen, um beispielsweise Muster zu erkennen und Modelle zu entwickeln, die Prognosen ermöglichen. «Mit einem so grossen Datensatz können wir sicherstellen, dass wir unserem Modell so viel Variabilität wie möglich geben, was es uns erlaubt, aus bekannten Mustern zu interpolieren, anstatt in die Ungewissheit zu extrapolieren», erklärt Nascimento.
Titelbild: Zusammenfluss von Aare, Reuss und Limmat im Kanton Aargau (Foto: Andreas Gerth/BAFU).
Originalpublikation
Kooperationen
- Eawag
- Universität Zürich
- Delft University of Technology, Netherlands
- Széchenyi István University, Hungary