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Frühwarnsystem für Kläranlagen
7. September 2023 |
Es ist eine vielfältige Gemeinschaft verschiedener Bakterien, die im Belebtschlamm der biologischen Reinigungsstufe von Kläranlagen einen Grossteil der Arbeit zur Reinigung des Abwassers verrichtet. Welche Bakterienarten in welcher Menge in diesem so genannten Mikrobiom vertreten sind, kann sich verändern, beispielsweise durch den Wechsel der Jahreszeiten und andere Umwelteinflüsse. Unter Umständen können solche Veränderungen dazu führen, dass der Reinigungsprozess nicht mehr optimal funktioniert.
Durch die Entschlüsselung der Erbsubstanz mittels DNA-Sequenzierung lässt sich die Zusammensetzung des Mikrobioms bestimmen. Allerdings brauchten solche Analysen bis vor kurzem einige Zeit, hochspezialisierte Labors und teure Ausrüstung. Ein Team von Forschenden des Wasserforschungsinstituts Eawag konnte nun aber dank neuer, viel kleinerer Sequenziergeräte DNA-Analysen direkt vor Ort in verschiedenen Kläranlagen durchführen und die Ergebnisse bereits einige Stunden später vorlegen. Das macht es möglich, Gegenmassnahmen zu ergreifen, noch bevor sich unerwünschte Veränderungen des Mikrobioms negativ auf den Reinigungsprozess auswirken. In einem Artikel, der soeben in der Zeitschrift Aqua & Gas erschienen ist, erläutern die Forschenden die Methodik, die sie in verschiedenen Kläranlagen getestet haben.
Gegensteuer geben bevor Probleme entstehen
«Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass sich das Mikrobiom nicht nur von Kläranlage zu Kläranlage unterscheidet, sondern auch zwischen verschiedenen Reinigungsstrassen innerhalb derselben Kläranlage», erläutert Robert Niederdorfer von der Abteilung Oberflächengewässer der Eawag. Die Aussagekraft einer einzelnen Momentaufnahme sei daher begrenzt. Erst wenn man dank eines regelmässigen Monitorings weiss, wie sich das Mikrobiom der jeweiligen Kläranlage zusammensetzt und typischerweise zeitlich verändert, lassen sich untypische Veränderungen erkennen. So stellten die Forschenden beispielsweise fest, dass Probleme beim Absetzen des Belebtschlamms in einer der untersuchten Anlagen mit der Menge des Bakteriums Ca. Microthrix korrelierten. Wird nun beim regelmässigen Biomonitoring eine übermässige Zunahme dieses Bakteriums festgestellt, können die Kläranlagenbetreiber durch die Zugabe von Aluminium das Wachstum frühzeitig stoppen und damit Absetzprobleme verhindern bevor sie entstehen.
In bestimmten Fällen können aber auch bereits einzelne Momentaufnahmen des aktuellen Mikrobioms hilfreiche Informationen liefern. So konnte beispielsweise dank DNA-Analyse in einer Anlage das Bakterium identifiziert werden, das für eine übermässige Schaumbildung verantwortlich war.
«Die zeitnahe Überwachung des Mikrobioms ist ein nützliches Werkzeug für Kläranlagen, um eine stabile Reinigungsleistung zu gewährleisten und letztlich auch Kosten zu sparen», resümiert Niederdorfer. Zweifellos werde diese Methode künftig noch wertvoller werden, je mehr Erfahrungen man sammle zu den Zusammenhängen zwischen Mikrobiom und Stabilität sowie Leistungsfähigkeit der Reinigungsprozesse.
Titelbild: Dank DNA-Analyse konnte in der Kläranlage Langmatt das Bakterium identifiziert werden, das für eine übermässige Schaumbildung verantwortlich war (Foto: Patrik Walde).
Originalpublikation
Finanzierung / Kooperationen
- Eawag