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Schon die alten Römer waren Umweltverschmutzer
26. November 2018 |
«Wir vergiften auch die Flüsse und die Elemente der Natur und selbst das, was uns leben lässt (die Luft), verderben wir.» Diese Worte stammen nicht etwa von Naturschützern des 21. Jahrhunderts, sondern aus der Feder des römischen Gelehrten Plinius dem Älteren. Tatsächlich sind sich Altertumsforscher heute einig, dass bereits die Römer die Umwelt belasteten – durch ungefiltertes Abwasser, den Abbau von Rohstoffen wie Eisen oder Blei oder Waldrodungen. Auch der Murtensee blieb davon nicht verschont, wie eine neue Eawag-Untersuchung nun zeigt.
Für die Studie entnahm das Forscherteam um den Paläolimnologen Mischa Haas an der tiefsten Stelle des Murtensees einen zehn Meter langen Sedimentbohrkern, anhand dessen sich die Umweltbedingungen über Jahrtausende rekonstruieren lassen.
Beim Ziehen von langen Sedimentkernen ist viel Erfahrung nötig: Im Bild das Bohrteam der ETH Zürich auf dem Murtensee.
(Foto: Franziska Baumann)
Die Resultate der Bohrkernanalyse überraschte die Forschenden: «Wir hätten nicht damit gerechnet, dass die Spuren der Römer so klar im Seesediment sichtbar waren», sagt Mischa Haas. Damit spricht er die Warven an, die im Sedimentbohrkern deutlich erkennbar sind und zwar in der Periode, in der die Römer ihre Blütezeit am Murtensee erlebten. Warven sind eine Abfolge von dunklen und hellen Sedimentlagen, die entstehen, wenn weder Sauerstoff und noch Leben am Seegrund vorhanden sind.
Zurückzuführen ist das Ergebnis auf die explosionsartig gewachsene Bevölkerung während der Römerzeit, die dazu führte, dass die Bewohner am Murtensee zahlreiche Wälder rodeten, um Feuer- und Bauholz zu gewinnen und um Platz für die Landwirtschaft zu schaffen. Durch die so verursachte Bodenerosion gelangten viele Nährstoffe wie Phosphor, Stickstoff und Eisen in den Murtensee, der überdüngte und infolgedessen es vielen Fischen und anderen Organismen an Sauerstoff mangelte.
Dieses Stück des Sedimentbohrkerns zeigt den Abschnitt mit den römischen Warven. Jeweils eine helle und dunkle Schicht ergeben zusammen ein Jahr. (Foto: Eawag)
Der See brauchte mehr als 300 Jahre um sich zu erholen
Nicht nur den drastischen Eingriff der Römer ins Ökosystem konnten die Forschenden nachweisen. «Interessant ist auch, dass wir in den Seesedimenten genau sehen, wann das Römische Reich zu bröckeln begann und wie der See auf solche sozialen Umwälzungen reagiert hat», sagt Mischa Haas. Denn die Seesedimente zeigen, dass etwa ab dem 2. Jahrhundert nach Christus wieder mehr Sauerstoff im tiefen Wasser vorhanden war. Aber: «Bis sich das Ökosystem weitgehend erholt hatte, dauerte es noch gut 300 Jahre», sagt der Forscher.
Diese Erkenntnis spielt auch für die heutige Zeit eine wichtige Rolle, denn über die Erholungsrate von Seesystemen ist nach wie vor wenig bekannt – trotz zahlreicher Renaturierungsprojekte und neuen Umweltgesetzen. «Unsere Studie zeigt, dass der menschliche Einfluss das Ökosystem über hunderte von Jahren beeinflussen kann», sagt Mischa Haas.
Die Studie entstand im Rahmen des vom Schweizer Nationalfonds finanzierten Projekts PALEOFARM. Am Beispiel von Seen in der Schweiz, Russland und Grönland versuchen die Forschenden den Einfluss der Landwirtschaft auf Böden und Seesysteme über die letzten 10‘000 Jahre zu rekonstruieren.