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Ausreichende Gewässerräume sind unverzichtbar
7. April 2020 |
Am Anfang stand eine Anfrage für ein Referat vor Juristinnen und Juristen. Gewässerökologe Florian Altermatt, Leiter einer Forschungsgruppe an der Eawag und Professor für Aquatische Ökologie an der Universität Zürich, nahm die Einladung an. Aus dem Vortrag vor rund 350 Teilnehmenden an der Jahrestagung der Vereinigung für Umweltrecht (VUR) Schweiz wurde eine grössere Arbeit. Altermatt stellte eigene Forschungsresultate zusammen und verglich zahlreiche, weltweit bereits durchgeführte Studien über die ökologische Funktion der Gewässerräume. Besonderes Augenmerk legte die Untersuchung auf die Frage, wie breit ein Gewässerraum sein muss, damit die „natürlichen Funktionen“ – so die Anforderung im schweizerischen Gewässerschutzgesetz (Art. 36a, GSchG) – der Gewässer gewährleistet ist.
Vielfältige ökologische Funktionen
Die ökologische Funktion des Gewässerraums umfasst dessen Bedeutung:
- als Lebensraum für Organismen, also Schutz und Erhalt der Biodiversität.
- für die Stoffflüsse zwischen aquatischen und terrestrischen Lebensräumen. Das heisst die Verbindung von aquatischen und terrestrischen Stoffflüssen sowie ein Puffer gegen Einträge unerwünschter Stoffe.
- als Korridor für die Ausbreitung von Organismen.
Sämtliche dieser Funktionen werden durch grössere und stärker vernetzte Gewässerräume besser wahrgenommen. Bei kleinen und kleinsten Gewässern hat der Gewässerraum eine grosse Bedeutung für die aquatisch-terrestrischen Stoffflüsse. Bei grösseren Gewässern liegt seine Bedeutung verstärkt darin, Lebensräume zu schaffen, geomorphologische Dynamiken zu ermöglichen und den Hochwasserschutz zu gewährleisten. Nicht speziell untersucht wurde die Funktion des Gewässerraums als Naherholungsraum.
Schlüsselkurve ist absolute Minimalgrösse
Altermatts Zusammenstellung, soeben in der Zeitschrift «Umweltrecht in der Praxis» publiziert, zeigt, dass die in der Gesetzgebung durch die Schlüsselkurve geforderte, minimal auszuweisende Gewässerraumbreite aus ökologischer Sicht als absolute Minimalgrösse zu betrachten ist, um die geforderte natürliche Funktion zu gewährleisten. Spezifisch für die umfassende Bedeutung des Gewässerraums als Lebensraum, als Puffer gegenüber unerwünschten Stoffeinträgen und als Regulator der Gewässertemperatur wären teilweise deutlich grössere Gewässerräume notwendig.
Fachlicher Rückhalt für das Bundesgericht |
Bilder
Ist der Gewässerraum zu klein oder fehlt er ganz, wie hier am Zürcher Hornbach, kann ein Bach seine natürlichen Funktionen nicht mehr erfüllen.
(Foto: Markus Forte/Ex-Press/BAFU)
Ausreichender Gewässerraum schafft die Verbindung zwischen aquatischen und terrestrischen Lebensräumen und dient als Puffer gegen unerwünschte Stoffe im Wasser – hier der aufgewertete Ruisseau de la Motte im Jura.
(Foto: Herbert Böhler & Flurin Bertschinger/Ex-Press/BAFU)
Originalpublikation
Umweltrecht in der Praxis (1/2020): Die ökologische Funktion der Gewässerräume [open access; pdf]