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Das Wasser des Sambesi: Zeit zu handeln
1. Juni 2021 |
Die Flüsse Sambesi und Kafue im südlichen Afrika führen heute noch sehr sauberes Wasser. Nur unterhalb von Dämmen leiden sie an erhöhten Wassertemperaturen, Sauerstoffmangel und dem Verlust von Schwebstoffen. Kleinere Nebenflüsse jedoch zeigen Anzeichen von Verschmutzung. Das sind die Ergebnisse von vier Feldkampagnen des Wasserforschungsinstituts Eawag in Zentral- und Südsambia in den Jahren 2018 und 2019 in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich und der Universität von Sambia. Die Ergebnisse wurden vor kurzem in der wissenschaftlichen Zeitschrift Environmental Science: Processes and Impacts publiziert.
Scott Winton, Erstautor der Studie und Postdoktorand an der Eawag und der ETH Zürich, warnt vor den Folgen der zukünftigen Entwicklung. Denn das Einzugsgebiet der beiden Flüsse wandelt sich rasant. Bevölkerung und Städte wachsen rasch an, die immer intensivere Landwirtschaft breitet sich aus und Wasserkraftwerke werden gebaut.
Scott Winton, wie haben Sie die Wasserlandschaft erlebt? Waren Sie überrascht von der hohen Wasserqualität der beiden Hauptflüsse Sambesi und Kafue?
Scott Winton: Ja, ich komme aus den USA und lebe in Europa. Dort weisen die grossen Flüsse mit wenigen Ausnahmen deutliche chemische Spuren menschlicher Verschmutzung auf. Daher war es für mich eine grosse Überraschung, den Sambesi, diesen riesigen Fluss in Afrika zu sehen und ihn so sauber vorzufinden. Die Menschen trinken das Flusswasser ohne jegliche Behandlung. Und als wir Proben in die Eawag-Labors brachten, waren die Techniker total erstaunt. Das Flusswasser schien noch sauberer zu sein als das hochgereinigte Wasser, das für die Laborprozesse verwendet wird.
Welche Art von Verschmutzung haben Sie in den Nebenflüssen gefunden?
In kleinen Zuflüssen, die dichter besiedelte Gebiete entwässern, fanden wir erhöhte Nährstoffkonzentrationen und Ionen wie Natrium und Chlor – Schadstoffe, die typisch für kommunale Abwässer sind. In der Nähe einiger industrieller landwirtschaftlicher Flächen fanden wir einen Bach mit einer sehr hohen Nitratkonzentration, was auf die Auswaschung von Dünger hinweist.
Die Co-Autoren der Studie Cristian Teodoru und Elisa Calamita auf dem Karibasee, einem Stausee des Sambesi.
(Foto: R. Scott Winton)
Im Artikel gehen Sie davon aus, dass die Verstädterung, die Intensivierung der Landwirtschaft und der Ausbau der Wasserkraft die Wasserqualität weiter verschlechtern wird? Welche Veränderungen genau erwarten Sie?
Grundsätzlich erwarten wir, dass man ähnliche Schadstoffe wie zuvor erwähnt finden wird, aber in höheren Konzentrationen. Die Auswirkungen auf die Wasserqualität sind additiv, d. h. je mehr Quellen entlang der Flüsse existieren, desto mehr Schadstoffe werden in den Oberflächengewässern zu finden sein. Wir sollten damit rechnen, dass sich die Wasserqualität parallel mit der Entwicklung verschlechtern wird.
Wird sich die Situation hauptsächlich in den Nebenflüssen verschlechtern oder sind auch die Hauptflüsse Sambesi und Kafue bedroht?
Aufgrund der enormen Grösse der Flüsse Sambesi und Kafue und ihrer Wassereinzugsgebiete werden alle Schadstoffe, die diese Gewässer erreichen, durch Strömungen von Hunderten oder Tausenden von Kubikmetern Wasser pro Sekunde stark verdünnt. Daher bräuchte es sehr viele verschmutzte Nebenflüsse, bevor die grossen Flüsse gefährdet werden. Eine grössere Bedrohung sind wahrscheinlich Staudämme, die zu thermischer Verschmutzung führen und den Sauerstoffgehalt im Wasser flussabwärts stark reduzieren.
Sie schreiben, dass Regierungen, Manager und Industrie die Möglichkeit haben, die Verschmutzung des Wassers zu mindern. Welche Massnahmen empfehlen Sie?
Für jede Schadstoffquelle gibt es eine Reihe von möglichen Massnahmen. Für kommunale Abwässer sind es vor allem Kläranlagen und Feuchtgebiete. Für die Landwirtschaft sind es Uferpuffer und ebenfalls Feuchtgebiete. Diese Praktiken sind bekannt und in Sambia werden viele dieser Ansätze bereits umgesetzt. Um eine Verschlechterung der Wasserqualität zu vermeiden, muss sichergestellt werden, dass die Massnahmen mit dem Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum Schritt halten können. Dies wird eine Herausforderung sein, weil das Wachstumstempo so rasant ist und es, wie immer und überall, Druck geben wird, kurzfristig die Infrastrukturkosten zu senken und auf Umweltschutz zu verzichten.
Titelbild: R. Scott Winton