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Eine kurze Südafrikareise mit Bundesrätin Doris Leuthard

13. Februar 2015 | Andri Bryner

Janet Hering war vier Tage mit einer kleinen Schweizer Delegation unter Bundesrätin Doris Leuthard in Südafrika unterwegs. Der Arbeitsbesuch stand im Zeichen von Energie- und Klimapolitik. Fünf Fragen an die Eawag-Direktorin nach Ihrer Rückkehr.

Vier Tage Südafrika mit Inlandflügen zwischen Johannesburg, Port Elisabeth und Kapstadt – nicht gerade ein klimaneutraler Trip. War er das wert?
JH: Aus meiner Sicht müssen die Reisen des Bundesrates und ihrer Delegationen als Investition in die Zukunft betrachtet werden. Natürlich sind die direkten Erfolge in vier Tagen begrenzt. Aber die Treffen und der Dialog bereiten den Boden für kommende Kooperationen. 2010 hatte Südafrika in der OECD den dritthöchsten Treibhausgas Ausstoss bezogen auf sein BIP - nur China und Russland lagen noch höher [i]. Diese Reise wird daher längerfristig mehr als klimaneutral sein, wenn Technologie und Innovation aus der Schweiz Südafrika helfen kann, seine Treibhausgas-Emissionen zu verringern. Man muss auch sehen, dass viele wichtige Entscheide, besonders in Bezug auf Investitionen in Infrastrukturen wie öffentlicher Verkehr, auf lokaler Ebene getroffen werden. Darum ist es zentral, dass sich die Bundesrätin ebenso mit Bürgermeistern getroffen hat wie mit der Umweltministerin.

Die Bundesrätin kommt in die Schweiz zurück mit einer Absichtserklärung, Südafrika bei einem Projekt für energiesparende Strassenbeleuchtung zu unterstützen. Ist das die Energiewende à la Südafrika?
JH: Nach einem Besuch der Schweizer Delegation in der Walmer Township – dort steht der erste (40m) hohe Lichtmast – fanden ein Treffen mit dem Stadtrat von Nelson Mandela Bay statt und eine formelle Unterschriftenzeremonie. Daher ist es nicht überraschend, dass dieser Teil der Reise von den Medien in Südafrika aufgegriffen wurde. Die Bundesrätin betonte jedoch in mehreren Ansprachen, dass ein breiterer Energiemix und weniger Abhängigkeit von Kohle für Südafrika entscheidend seien, um die Treibhausgas-Emissionen zu senken. Auch Energiesparen muss dazu beitragen. In der Schweiz ist es einfach, davon auszugehen, die Energieeffizienz sei gesichert. In Südafrika ist das nicht der Fall. Schliesslich muss man auch die sozialen Vorteile dieses Projektes sehen: Die hohen Strassenleuchten kommen vor allem in sehr arme Gegenden zu stehen, wo die Menschen in Unsicherheit leben. Besseres Licht wird die Sicherheit verbessern. Die Menschen können ihre Behausungen auch nachts verlassen, und es ergeben sich viel mehr Möglichkeiten für geschäftliche Aktivitäten. Die hohen Strassenleuchten bringen diesen Orten auch Wifi-Zugang; das wird schon rund um den ersten erstellten Mast intensiv genutzt.

Sie haben gesagt, in Deutschland sähe man mehr Solarpanels auf den Dächern als im sonnigen Südafrika. Was läuft da falsch?
JH: Deutschland hat massiv in die Einspeisetarife investiert, um die Solarenergie zu fördern. Das war sehr erfolgreich. Im Gegensatz dazu führte Südafrikas Politik lange zu tiefen (subventionierten) Kohle- und Strompreisen. Diese Förderung wurde nun reduziert und man beginnt das Potential von Sonne und Wind zu erkennen. Auch die Industrie zieht mit. So haben zum Beispiel BP auf ihrem Hauptsitz in Kapstadt schon 2005 eine Solaranlage installiert [ii]. Die Schweizer Delegation hat sich mit Vertretern des südafrikanischen „Green Building Council“ getroffen, eine Gruppe, die 2013 auch das nachhaltige Eawag Hauptgebäude Forum Chriesbach besucht hat. Ökologisches Bauen ist eindeutig ein Trend in Südafrika.

Schweizer Unternehmen sollen in Südafrika in erneuerbare Energien und energiesparende Technologien investieren. Die Schweizer Forschung soll auch dazu beitragen. Das tönt nach Einbahn-Verkehr. Gibt es auch Bereiche, wo die Schweiz von Südafrika lernen kann?
JH: Die Schweizer Delegation besuchte die Nelson Mandela Municipal University (NMMU). Wir haben uns eine Reihe interessanter Projekte angeschaut. In einem davon wird ein Algen-Bioreaktor eingesetzt, um Abgase von Kohlekraftwerken zu behandeln [iii]. Auch wenn das nicht direkt relevant ist für die Schweiz, sehe ich Gelegenheiten für eine Zusammenarbeit mit NMMU –zusätzlich zu den südafrikanischen Universitäten (KwaZulu-Natal, Cape Town, Stellenbosch) mit denen die Eawag schon Kontakte oder gemeinsame Projekte hat.

Last but not least: Kamen auch Eawag-Kernthemen wie Wasser, Abwasser oder Gewässerökologie zur Sprache?
JH: Wie Energie ist Wasser eine Schlüsselressource in Südafrika. Und oft sind die zwei miteinander verknüpft, etwa wenn ich an den Wasserbedarf der Kohlenminen denke. Das Schweizer Unternehmen Glencore war in der Delegation vertreten. Die haben bereits viel investiert in Behandlungsanlagen für Bergwerkwasser.[iv] Auch wenn die Reinigung von Industrie-Abwasser kein Fokus ist an der Eawag, ist das natürlich enorm wichtig für den Schutz der Umwelt. Südafrika ist ein Hotspot der Biodiversität. An der NMMU haben wir uns eine Ausstellung angeschaut über Studien aus Flachwasser-Ökosystemen [v].Das könnte Ansatzpunkt sein für eine Kooperation mit der Eawag.