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Ozonung: Auf die Art der Dosierung kommt es an

27. April 2017 | Andres Jordi

Enthält Trink- oder Abwasser Bromid, entsteht bei der Behandlung mit Ozon zur Elimination von Mikroverunreinigungen potenziell krebserregendes Bromat. Forscher der Eawag haben nun ein neues Verfahren entwickelt, mit dem sich die Bromatbildung während der Ozonung stark reduzieren lässt. Der Trick: das Ozon wird dem Wasser über eine Teflonmembran in kleinen Dosen zugeben.
Von Andres Jordi

Um Mikroverunreinigungen aus dem Trink- oder Abwasser zu entfernen, ist die Ozonung oft das Verfahren der Wahl, denn die Behandlung mit Ozon baut ein sehr breites Spektrum an Spurenstoffen ab (siehe Kasten). Die Schweiz rüstet in den nächsten 25 Jahren rund hundert Kläranlagen mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe, um Spurenstoffe aus dem Abwasser zu entfernen. Ozon ist hier eine gute Möglichkeit und eine Ozonungsanlage lässt sich meist gut in einen bestehenden Klärbetrieb integrieren.

Ist das Wasser allerdings mit Bromid verschmutzt, entsteht bei der Ozonung potenziell krebserregendes Bromat, das ins Trinkwasser oder mit dem geklärten Abwasser in Flüsse und Seen gelangt. Der Toleranzwert für Trinkwasser liegt in der Schweiz bei zehn Mikrogramm pro Liter. Im hiesigen Trinkwasser ist der Bromidgehalt oft tief, im Abwasser können dagegen erhebliche Bromidkonzentrationen auftreten, wenn sich im Einzugsgebiet Chemiebetriebe oder Kehrrichtverbrennungsanlagen befinden.

Das Ozon dosieren

Basierend auf dem sogenannten Peroxone-Prozess haben Wissenschaftler der Eawag nun ein Ozonungsverfahren entwickelt, bei dem nur noch wenig Bromat entsteht. «Hält man die Ozonkonzentration im Wasser tief, kann man die Bromatbildung reduzieren»,  sagt Urs von Gunten von der Abteilung Wasserressourcen und Trinkwasser, der das Projekt leitet. Dies wird laut von Gunten erreicht, indem man das Ozon auf möglichst geringe Portionen verteilt zugibt, so dass es sich rasch in Hydroxylradikale umwandelt. Eine Zugabe von Wasserstoffperoxid beschleunigt den Umwandlungsprozess von Ozon zusätzlich und unterbindet die Bildung von Vorläufersubstanzen des Bromats (Abb. 2).

Abb. 2: Bei der chemischen Reaktion zwischen Bromid und Ozon entsteht über verschiedene Zwischenstationen problematisches Bromat (Schema stark vereinfacht). Tiefe Konzentrationen von Ozon (O3) verhindern die Bildung von Bromat-Vorläufersubstanz 1; Wasserstoffperoxid (H2O2) sorgt dafür, dass das Ozon rasch in Hydroxylradikale (˙OH) umgesetzt wird und aus Vorläufersubstanz 2 wieder Bromid gebildet wird. So entstehen nur wenige Bromatvorläufer, die über mehrere Reaktionsstufen zu Bromat reagieren können.

Um die Bromatbildung zu minimieren wurde in der Praxis in einem ersten Schritt die Ozondosierung verbessert, indem das Gas dem Wasser über Einspritzventile zugegeben wurde. «Dadurch konnte die Bromatbildung gegenüber dem herkömmlichen Peroxone-Prozess zwar weiter reduziert werden», so von Gunten. «Doch weil man nur verhältnismässig wenige Ventile einsetzen kann, ist der Effekt beschränkt.» Schliesslich kamen die Wissenschaftler auf die Idee, das Ozon stattdessen über eine Membran einzuspeisen. «Über die Membranporen lässt sich die Ozonzugabe sehr fein dosieren und es stehen praktisch unendlich viele Einspritzpunkte zur Verfügung», sagt der Chemiker.

Ozon über eine Teflonmembran zugeben

Ob das neue Verfahren auch tatsächlich funktioniert, testeten die Wissenschaftler an einem Prototyp im Labor. Dessen Kernstück bilden Hohlfasern aus einer Teflonmembran. Durch die Fasern fliesst das zu ozonierende Wasser. Umschlossen sind sie von einem Glasreaktor, in den Ozongas geleitet wird. Das Ozon diffundiert über die Membranporen ins Wasser, während dieses von der hydrophoben Teflonoberfläche abgestossen wird und nicht in den Glasreaktor austreten kann (Abb. 1). Als Versuchswasser diente den Forschern Grund-, Fluss- und Seewasser, die vergleichbare pH-Wert aufwiesen, sich aber im Gehalt an organischem Material unterschieden. Die Wasserproben reicherten sie mit 100 Mikrogramm Bromid pro Liter an. Als Vertreterin von Mikroverunreinigungen, die mit Ozon schwer abbaubarer sind, fügten sie zudem pro Liter Wasser rund 80 Mikrogramm Parachlorbenzoesäure (pCBA) bei. Die Wasserproben behandelten sie dann mit unterschiedlichen Ozonkonzentrationen.

«Im Vergleich zum herkömmlichen Peroxone-Prozess zeigt unser Verfahren eine deutlich bessere Leistung – sowohl bei der verminderten Bromatbildung als auch bei der Elimination von Mikroverunreinigungen», sagt von Gunten. So blieb die Bromatkonzentration bei den Versuchen mit Grundwasser selbst bei einer pCBA-Elimination von 95 Prozent unter der Bestimmungsgrenze. Auch beim Fluss- und Seewasser schnitt das Membranverfahren besser ab (Abb. 3). «Wichtig für tiefe Bromatwerte ist, dass die Ozongaskonzentration im Glasreaktor unter einem Gramm pro Kubikmeter gehalten wird», erläutert von Gunten. Übersteige die Ozongaskonzentration zehn Gramm pro Kubikmeter liefere der konventionelle Peroxone-Prozess die besseren Resultate.

Abb. 3: Die Bildung von Bromat und die Eliminationsleistung für Mikroverunreinigungen (pCBA) beim herkömmlichen Peroxone-Prozess (orange Punkte) und beim Membranverfahren (blaue Punkte). Bei der Bromatbildung ist das Membranverfahren vor allem bei tiefen Ozongaskonzentrationen (bis 1 g/m3) überlegen. Höhere Konzentrationen von Wasserstoffperoxid (H2O2) verbessern die Elimination von pCBA und halten gleichzeitig die Bromatbildung tief.

Einsatz in der Trinkwasseraufbereitung und in der Kläranlage geplant

Nach den erfolgreichen Tests im Labor wollen die Forscher das Membranverfahren nun dort ausprobieren und weiter optimieren, wo es dereinst zum Einsatz kommen soll: in der Trinkwasseraufbereitung und in der Kläranlage. «Unter anderem müssen wir die Effizienz des Ozoneintrags noch verbessern, damit die benötigte Membranfläche im realen Betrieb nicht zu gross wird», sagt von Gunten. Zum Patent angemeldet haben die Wissenschaftler ihr Verfahren bereits. Auch einen Namen hat es schon: MEMBRO3X.

Wie funktioniert die Ozonung?
Ozon besteht aus drei Sauerstoffatomen und ist ein reaktives Gas. Es wirkt stark oxidierend und bildet im Kontakt mit Wasser Hydroxylradikale. Während Ozon nur gewisse Mikroverunreinigungen oxidiert, greifen die Hydroxylradikale viele unterschiedliche Chemikalien an. Bei der Ozonung kommt es zu einem Aufbrechen komplexer Bindungen, wodurch die Substanzen zum Teil biologisch leichter abgebaut werden.  Die Ozonbehandlung tötet auch Bakterien ab, weshalb Ozon häufig als Desinfektionsmittel, zum Beispiel bei der Trinkwasseraufbereitung, eingesetzt wird.

Publikation zum Thema

Merle Tony et al. (2017): MEMBRO3X, a Novel Combination of a Membrane Contactor with Advanced Oxidation (O3/H2O2) for Simultaneous Micropollutant Abatement and Bromate Minimization. Environmental Science & Technology Letters
http://dx.doi.org/10.1021/acs.estlett.7b00061