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Strassensalzung: Neues Faktenblatt

16. Dezember 2011 | Andri Bryner

Das Schweizer Strassennetz weist eine Gesamtlänge von über 71000 km auf. Die Autobahnen, die Kantonsstrassen und die meisten Gemeindestrassen werden seit 1956 im Winter bei entsprechender Witterung mit Streusalz behandelt. Schneeräumung und Strassensalzung dienen der Verkehrssicherheit und der Aufrechterhaltung des Strassenverkehrs während Zeiten der Gefahr von Eis- und Schneeglätte. Für die Strassensalzung werden jedes Jahr enorme Mengen an Streu- oder Tausalz verwendet, die zu Diskussionen über Vor- und Nachteile dieser Art des Strassenunterhalts Anlass geben. Im Folgenden sind kurze Informationen zur Strassensalzung und Antworten auf häufig gestellte Fragen zusammengefasst.

Welche Art Salz wird verwendet und woher kommt das Salz?

Für die Strassensalzung wird praktisch nur Natriumchlorid NaCl (Kochsalz) verwendet. Die ähnlich wirkenden Alternativen Meersalz und Calciumchlorid wurden bisher nur in geringen Mengen eingesetzt. Das Salz stammt ausschliesslich aus den beiden Salinen Vereinigte Schweizer Rheinsalinen in Pratteln BL und Bex SA in Bex VD. Es sind in diesen Salinen über Jahrhunderte reichende Salzvorkommen im Untergrund vorhanden. Das Salz wird aus grosser Tiefe im Siedeverfahren gewonnen. Die Kantone sind Inhaber der Gewinnungsrechte (Salzregale). Es gibt von privater Seite immer wieder Bestrebungen die Salzrechte zu privatisieren.

Wie gross ist der Salzverbrauch für den Winterdienst und andere Anwendungen?

In den Schweizer Salinen wird je nach Bedarf Salz in einer Menge von 400'000 bis 530'000 Tonnen pro Jahr gewonnen. Die maximalen Produktionskapazitäten betragen in den Rheinsalinen 500'000 Tonnen/Jahr und in Bex 30000 Tonnen pro Jahr. Es wird hauptsächlich als Speisesalz (8%), Agrarsalz (4%), Ionentauschersalz zur Wasserenthärtung (8%), Gewerbe- und Industriesalz (25%) und als Tausalz (50%) verwendet (Anteile 2010; Rest = diverse andere Verwendungen). Nach einem Aufwärtstrend der letzten Jahre erreicht der jährliche Streusalzverbrauch in strengen Wintern 300'000 bis 350'000 Tonnen. Die Verbräuche können allerdings zwischen den Jahren um mehr als das Dreifache variieren. Die Tagesproduktion der Salinen liegt bei ca. 1200 – 1500 Tonnen/Tag. Demgegenüber können für den Winterdienst Tagesverbräuche von 6000 – 7000 Tonnen/Tag stehen. Da die Produktion aus wirtschaftlichen Gründen nicht auf Maximalverbräuche ausgelegt wird, sind neben den Produktionsmengen die Lagerkapazitäten von Bedeutung. Sie betragen in den Rheinsalinen 152'000 Tonnen und in Bex 11'000 Tonnen. Daneben existieren bei verschiedenen Kantonen weitere Salzlager. Die häufig in der Presse erscheinende Kritik, dass in der Schweiz zu wenig Streusalz vorhanden wäre, kann mit den erwähnten Zahlen widerlegt werden, indem allein die Salinenlager bei maximalem täglichem Salzbedarf für einen Monat ausreichen. Der Preis für eine Tonne Salz liegt gegenwärtig bei 190.- bis 200.- Franken.

Wie viel Salz wird pro Anwendung auf die Strassen aufgetragen?

Der spezifische Salzaustrag konnte dank verbesserter Austragstechnologie seit den 60-er Jahren von 40 g/m2 auf heute 10–15 g/m2 reduziert werden. Vor allem wirkt die heute sehr breit angewandte Feuchtsalztechnologie, bei der eine flüssige Salzsole verspritzt wird, bei besserer Wirkung salzsparend. Der trotzdem steigende Trend des Gesamtverbrauchs weist darauf hin, dass offenbar häufiger und auf mehr Flächen gesalzen wird.

Was ist der Nutzen der Strassensalzung und wo liegen die Nachteile?

Aufgrund des Winterdiensteinsatzes sinkt die Unfallrate um 80 bis 85 Prozent des Wertes vor der Streuung. Ebenso verringert er den Kraftstoffverbrauch infolge des verbesserten Ver­kehrsflusses nach der Streuung. Demgegenüber stehen die Kosten für Salz, Fahrzeuge, übrige Infrastruktur und Personal. Nach Schätzungen des VKS (Verband der Kali- und Salzindustrie) übersteigt bereits nach der Durchfahrt von 140 Fahrzeugen der Nutzen des Winterdienstes die Kosten. In dieser Gegenüberstellung sind allerdings die Folgekosten des Salzaustrages wie Korrosion an Fahrzeugen und Schäden an strassennahen Bepflanzungen nicht eingeschlossen.

Wie wirkt sich die Strassensalzung auf die Gewässer aus?

Hier ist zu unterscheiden, in welches Gewässer die salzhaltigen Abläufe eingeleitet werden. Die NaCl-Konzentrationen in direkten Abläufen von Strassen und Autobahnen während der Anwendung von Strassensalz schwanken sehr stark. Sie können Gehalte von einigen 100 bis einigen 1000 mg Cl/l aufweisen. In den Gewässern werden die Chlorid-Gehalte so beurteilt, dass aus Gründen der Trinkwassergewinnung Erfahrungswerte < 20 mg Cl/l, resp. < 20 mg Na/l eingehalten werden sollten. Die Werte haben jedoch keinen gesetzlichen Charakter. Toleranzwerte (Grenzwerte) gibt es in der Schweiz keine. Hingegen stellt man ab 80 mg Cl/l eine erhöhte Metall-Korrosion und ab 100 mg Cl/l eine Geschmacksbeeinträchtigung des Trinkwassers fest. In der Gewässerschutzverordnung wird für trinkwassergenutztes Grundwasser ein Chloridgehalt von < 40 mg Cl/l verlangt. Für Abwassereinleitungen gibt es für Cl und Na keine Vorschriften.

Die Salzgehalte bei der Einleitung von Strassenabwasser in einen See verdünnen sich sehr schnell. Bei Erhöhung der eingeleiteten Fracht erhöhen sich je nach See (Zufluss, Abfluss, Aufenthaltszeit, Tiefe, etc.) die Salzkonzentrationen längerfristig. Am empfindlichsten reagieren dabei die kleineren Mittellandseen. Diese wiesen in den 1940-er Jahren praktisch alle noch Cl-Konzentrationen zwischen 1 und 4 mg Cl/l auf. Heute weisen die kleineren und stärker belasteten Seen wie Murten- und Greifensee Cl-Konzentrationen um 20 mg Cl/l auf, während Neuenburger- und Bielersee mit 11 resp. 9 mg Cl/l tiefere und Brienzer- und Thunersee mit 0.8 mg Cl/l, resp. 1.3 mg Cl/l deutlich tiefere Werte aufweisen. Keiner der Seen erreicht 40 mg Cl/l.

 

Einfluss auf die Einleitung in Fliessgewässer

Die Fliessgewässer reagieren am empfindlichsten auf die winterlichen Salzfrachten. Berechnungen und Messwerte bestätigen, dass in grösseren Fliessgewässern die Chlorid-Konzentrationen deutlich sichtbare Schwankungen aufgrund der Strassensalzung aufweisen (siehe Bespiel der Rhone vor dem Einlauf in den Genfersee (NADUF)), die Konzentrationsbereiche der Spitzen jedoch im Allgemeinen unter 20-30 mg Cl/l liegen. In der stärker belasteten Glatt werden Spitzen von 60-80 mg Cl/l erreicht.