Archiv Detail
Upcycling von Bioabfällen
25. April 2018 |
In zehn Jahren wird die Welt um eine Milliarde Menschen reicher sein, schätzen die Vereinten Nationen. «Wie bewältigen wir bei einem derart schnellen Bevölkerungswachstum die zunehmenden Abfallmengen, vor allem in den Städten von Entwicklungsländern, wo die Gesundheit von Menschen und die Umwelt heute schon leiden?», fragt Moritz Gold. Er ist Doktorand der Eawag und in der Gruppe von ETH-Professor Alexander Mathys. Dort erforscht er neue Möglichkeiten der Abfallbewirtschaftung und die Nutzung von Abfällen als nachhaltige Rohstoffe. Einen Fokus legt er auf die Zucht der schwarzen Waffenfliege Hermetia illucens mithilfe von Bioabfällen aus Haushalten und Restaurants. Die Larven dieser Fliegenart zersetzen nicht nur Abfallstoffe in Kompost, sondern sind auch ein Tierfutter, zum Beispiel für Fische.
Während das Kompostieren in vielen Ländern als unrentabel gilt, wird bei der Produktion von Fliegenlarven ein hochwertiges Produkt erzeugt. «Mithilfe von Bioabfällen produzierte Larven könnten zum Beispiel für die Fischzucht ein nachhaltigeres Futter als das herkömmliche Futter aus Sojabohnen und Fischmehl sein», sagt Gold. «So sind die Fliegenlarven in Entwicklungsländern nicht nur ein marktfähiges Gut, sondern auch eine Einnahmequelle, die hilft, das Abfallsystem nachhaltig zu gestalten, und die zum Proteinbedarf einer schnell wachsenden Bevölkerung beiträgt.»
Am Anfang steht der «Liebeskäfig»
Das Upcycling von Bioabfällen beginnt im «Liebeskäfig» – einem Netz, in dem sich die Waffenfliegen paaren und das Weibchen seine Eier legt. Gold transportiert diese Eier dann in sein Labor, wo die Larven schlüpfen. Er und seine Mitarbeiter versuchen, die Entwicklung der Larven zu optimieren, etwa indem sie testen, wie verschiedene Zusammensetzungen von Bioabfällen und Zugabe von nützlichen Mikroorganismen ihr Wachstum erhöhen. Golds Ziel ist es, eine Ernährungsform zu entwickeln, welche die Kompostierungsleistung der Larven maximiert.
Eine Schwierigkeit bei dieser Art von Larvenproduktion ist jedoch, dass Siedlungsabfälle in der Regel keine einheitliche Nährstoffzusammensetzung haben. Es wäre jedoch keine nachhaltige Lösung, zur Larvenproduktion nährstoffreiche standardisierte Abfälle wie solche von Mühlen oder Brauereien zu verwenden. Denn diese können auch direkt als Tierfutter verwendet werden ohne Umweg via Larven.
Stabiles und sicheres Verfahren
Ob in Asien oder Afrika, eine wirtschaftlich nachhaltige Insektenfarm benötigt für ihren Betrieb viel Abfall. Die Forschung von Gold zielt darauf ab, ein stabiles und sicheres Verfahren für verschiedenste Arten von organischen Siedlungsabfällen zu entwickeln, etwa Abfälle von Lebensmittelmärkten, Haushalten und Restaurants bis hin zu Fäkalschlamm.
Die Arbeit mit Bioabfall umfasst sehr viele Aspekte – von Krankheitserregern bis hin zur erwähnten inkonsistenten Nährstoffzusammensetzung. Gold führt daher kontrollierte Fütterungsexperimente mit sterilisierten Larven durch, die er mit bestimmten Mikroorganismen beimpft. Damit möchte er untersuchten, welchen Einfluss bestimmte Veränderungen auf das Larvenwachstum haben.
Ähnlich wie wir Menschen müssen sich auch die Larven ausgewogen ernähren. Ihre Diät enthält Proteine, Kohlenhydrate und Fette. Die schwarzen Waffenfliegen ernähren sich nur während ihrem Larvenstadium, in dem sie so viel Nährstoffe und Energie wie möglich speichern. Wenn die Larven nährstoffreich gefüttert werden, können sie nach etwa zwei Wochen für die Tierfutterproduktion geerntet werden, noch bevor sie sich in eine wespenartige Fliege verwandeln, die etwa eine Woche lang lebt und ungefährlich ist, da sie weder ein Schädling ist noch Krankheiten überträgt.
Für sein Projekt arbeitet Moritz Gold mit Christian Zurbrügg von der Abteilung Sandec zusammen. Ebenso ist sein Projekt Teil des World Food System Center der ETH Zürich. Neben Gold’s Arbeit werden zwei weitere Projekte der Eawag vom Förderprogramm von Samih Sawiris unterstützt: Barbara Ward, auch von der Abteilung Sandec, erforscht unter dem Titel «Absetzen und Entwässern von Fäkalschlamm: Erarbeiten grundlegender Modelle zur Verbesserung der globalen Sanitärversorgung» die zugrundeliegenden Mechanismen für die Steuerung der Feststoff- und Flüssigkeitstrennung in Schlämmen aus dezentralen Sanitäreinrichtungen. Dies soll den Transfer von Technologien vorantreiben, die den Zugang zur Sanitärversorgung in dicht besiedelten städtischen Gebieten im globalen Süden erleichtern und deren Effizienz steigern können.
Dorothee Spuhler von der Abteilung Siedlungswasserwirtschaft beschäftigt sich seit 2015 mit nachhaltiger Abwasserplanung in Nepal und Äthiopien.
Samih Sawiris erneuert Zusammenarbeit mit der ETH
Das Projekt von Moritz Gold ist nur eines der 14 Projekte des Programms «Engineering for Development» (E4D), das während der letzten zehn Jahre von der Sawiris Foundation for Social Development gefördert wurden. Nun verlängerte der ägyptische Geschäftsmann Samih Sawiris seine Unterstützung für ETH-Stipendiaten um weitere fünf Jahre. «Investitionen in Bildung sollten für jedes Land erste Priorität haben. Je besser die junge Generation ausgebildet ist, desto sicherer ist die Zukunft des Landes. Die Schweiz, mit der ETH Zürich als Vorbild für eine gute, zukunftsweisende und fundierte Ausbildung, ist für uns ein exzellenter Partner für Investitionen», sagte Sawiris gestern an der Unterzeichnungszeremonie. Im Beisein von Mitgliedern der ETH-Schulleitung übergab er 1,8 Millionen Franken an die ETH-Foundation.
«Liebeskäfig» der schwarzen Waffenfliegen an der Eawag. (Bild: Eawag)
Getrocknete Waffenfliegen-Larven dienen als Rohstoff für die Tierfutterproduktion.
(Bild: Eawag)
Samih Sawiris (rechts) mit ETH-Rektorin Sarah Springman nach der Vertragsunterzeichnung.
(Bild: ETH Zürich / Andreas Eggenberger)