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Wie Starkniederschläge antibiotikaresistente Bakterien in Flüsse spülen

24. März 2020 | Stephanie Schnydrig

Nach heftigen Niederschlägen fliesst häufig ungereinigtes Abwasser in Flüsse und Bäche. So gelangen auch antibiotikaresistente Bakterien in die Gewässer. Welche genau und in welchen Mengen untersuchen Forschende der Eawag im Rahmen eines Nationalen Forschungsprogramms.

Abwasserreinigungsanlagen sind bei stärkeren Niederschlägen häufig überlastet und ein Teil des Abwassers gelangt ungeklärt in die Gewässer. Wie solche Ereignisse die Menge und Zusammensetzung von antibiotikaresistenten Bakterien in Gewässer beeinflussen, untersucht Helmut Bürgmann mit einer Gruppe von Forschenden des Wasserforschungsinstituts Eawag im Rahmen des Nationalen Forschungsprojekts NFP 72 «Antimikrobielle Resistenz».

Probennahmen bei Starkniederschlägen

Dazu entnahmen er und der Doktorand Jangwoo Lee an neun Gewässern jeweils ober- und unterhalb von ARAs Wasserproben vor, während und nach Starkniederschlägen. Mit Erbgutanalysen und Messungen mithilfe der Durchflusszytometrie bestimmten sie die Menge und Art der Bakterien und Antibiotikaresistenzen in den Proben.

Bekannt ist, dass antibiotikaresistente Bakterien nicht nur aus ARAs, sondern ebenfalls diffus aus landwirtschaftlichen Flächen in die Gewässer gelangen. Welchen Beitrag die jeweilige Quelle leistet und wie sich das mit Starkniederschlägen verändert, zeigen nun erste Resultate aus dem Projekt: «Während und nach Starkniederschlägen nimmt der Anteil an antibiotikaresistenten Bakterien unterhalb der Abwasserreinigungsanlagen stark zu», sagt Jangwoo Lee. Die detaillierten Analysen laufen noch und werden im Laufe dieses Jahres publiziert.

Die gewonnenen Erkenntnisse aus dem Projekt sollen anschliessend in ein Überwachungsmodell fliessen. Dieses basiert auf einem bereits etablierten Modell der Eawag, das der Umweltingenieur Christoph Ort und die Umweltchemikerin Christa McArdell für die Konzentration von Mikroschadstoffen in Schweizer Flüssen entwickelt haben. Das neue Modell soll diese Aufgabe jetzt auch für antibiotikaresistente Bakterien erfüllen. «Das Ziel ist, eine Vorhersage von Antibiotikaresistenz-Hotspots in Schweizer Flussnetzen treffen zu können», erklärt Helmut Bürgmann.

Interdisziplinäre Teams

Im NFP 72 suchen Ärztinnen, Veterinäre, Biologinnen und Umweltforschende neue Lösungsansätze, um die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen zu bremsen und die Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern. Das Programm ist stark interdisziplinär aufgestellt und legt grossen Wert auf den One Health-Ansatz, also die Berücksichtigung sowohl der Humanmedizin, der Tiermedizin wie der Umwelt in Hinblick auf die Problematik antimikrobieller Resistenz.

Das NFP 72, das Ende 2019 die Halbzeit erreicht hat, verfolgt neben der Forschung auch das Ziel konkrete Verbesserungen für die Gesellschaft zu erzielen: Einerseits werden einzelne Projekte, welche z.B. neue Diagnosemethoden oder Antibiotika entwickeln, beim Praxistransfer nach individuellem Bedarf unterstützt. Andrerseits werden Empfehlungen für Politik und Fachleute entwickelt, die auf der Gesamtschau aller Projekte sowie dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand basieren.

Finanzierung

Schweizer Nationalfonds