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Klimawandel führt zu überproportionaler Schadstoffaufnahme
10. Mai 2023 |
Umweltverschmutzung und Klimawandel sind zwei der grossen Bedrohungen für Ökosysteme und Biodiversität. Über beide ist bereits viel bekannt, doch das Zusammenspiel dieser beiden Faktoren ist bislang erst wenig erforscht. Mehrere Studien der letzten Jahre kamen zum Schluss, dass in Gewässer heimische, wirbellose Tiere bei wärmer werdenden Wassertemperaturen sensitiver auf Schadstoffe reagieren. In seiner Studie ging Eawag-Forscher Johannes Raths der Frage nach, ob diese erhöhte Sensitivität mit Veränderungen in toxikokinetischen Prozessen erklärt werden kann.
Höhere Temperaturen führen zu erhöhter Schadstoffaufnahme
Dabei studierte Raths zusammen mit Forschenden der ETH, der Fachhochschule Kärnten sowie dem Helmholtz Zentrum für Umweltforschung die biochemischen Aspekte von Flohkrebsen (Amphipoden) bei vier unterschiedlichen Temperaturen und mit zwölf polaren organischen Schadstoffen. Die kleinen Wassertierchen sind ein elementarer Bestandteil der aquatischen Nahrungskette und praktisch überall auf der Welt heimisch.
Bei seiner Forschung konnte er einen deutlichen Zusammenhang zwischen den toxikokinetischen Raten und der Wassertemperatur beobachten. Die toxikokinetischen Raten beschreiben, wie Schadstoffe im Körper verarbeitet werden, also die Resorption, die Verteilung, die Verstoffwechselung und die Ausscheidung der Stoffe. Das bedeutet: Mit steigenden Wassertemperaturen wurden von den Amphipoden nicht nur linear, sondern sogar exponentiell mehr Schadstoffe aufgenommen, verstoffwechselt und ausgeschieden. Zudem konnte Raths zeigen, dass der Einfluss der Temperatur auf toxikokinetische Raten in einer ähnlichen Grössenordnung wie der Einfluss der Temperatur auf physiologische Raten, wie zum Beispiel die Atmung der Tiere, lag. Dieser Zusammenhang kann die praktische Anwendung der Ergebnisse in Modelle zur Schadstoffaufnahme vereinfachen.
Je wärmer das Wasser, umso schneller nehmen Flohkrebse Schadstoffe auf.
(Foto: Johannes Raths, Eawag)
Die Erkenntnisse zeigen, dass tatsächlich Abhängigkeiten zwischen Umweltverschmutzung und Klimawandel bestehen, die sich verstärken können. «Häufig treten hohe Temperaturen und Spitzen in der Schadstoffkonzentration im Wasser gemeinsam auf, beispielsweise nach Pestizidausbringungen im Frühjahr und Sommer. Dies macht die temperaturbedingte Beschleunigung toxikokinetischer Prozesse besonders bedenklich, da so deutlich höhere Spitzenkonzentrationen in den Organismen erreicht werden können als bisher angenommen», so Raths. Es seien jedoch weitere Studien unter anderem mit anderen Stoffklassen nötig, um ein noch besseres Bild der zugrundeliegenden Mechanismen zu erhalten. Die Ergebnisse geben neue Einblicke, wie Wasserlebewesen Chemikalien in verschiedenen Klimaszenarien aufnehmen. Diese Resultate können so dazu beitragen, die Bewertung von Umweltrisiken zu verbessern.
Award für die Publikation
Für das Paper hat Johannes Raths soeben den SETAC Europe Rifcon Early Career Scientist Award erhalten. Der Preis für Nachwuchswissenschaftler wurde dazu ins Leben gerufen, Mitglieder der Society of Environmental Toxicology and Chemistry (SETAC) bei der Karriereentwicklung zu unterstützen. Er wird für eine originelle wissenschaftliche Forschungsarbeit, politische oder andere berufliche Leistungen eines Nachwuchswissenschaftlers verliehen. Bei der Zeremonie letzten Sonntag durfte der Eawag-Forscher nun diese prestigeträchtige Auszeichnung entgegennehmen.
Titelbild: Für sein Paper zur Toxikokinetik von Flohkrebsen bei erhöhten Wassertemperaturen hat Eawag-Forscher Johannes Raths (rechts) den SETAC Europe Rifcon Early Career Scientist Award erhalten. Hier bei der Übergabe des Preises in Dublin. (Foto: SETAC)