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Kurzschlüsse erhöhen Pestizidbelastung

3. November 2020 | Andri Bryner

Im Landwirtschaftsgebiet fliesst viel Wasser von den Feldern, sowie von Strassen und Wegen über Schächte und andere künstliche Entwässerungen direkt in Bäche. Über solche Kurzschlüsse gelangen auch Pestizide in die Gewässer – eine neue Studie sagt, deutlich mehr als bisher angenommen.

20 Einzugsgebiete im Mittelland und im Jura haben die Forschenden in ihrer soeben in der Zeitschrift Aqua&Gas publizierten Studie untersucht. Mit Drohnenaufnahmen, Plänen und Begehungen wurde nach Einlauf- und Kontrollschächten gesucht, von denen Wasser rasch in den nächsten Bach gelangt. Erfasst wurden auch Rinnen und Entwässerungsgräben entlang von Strassen und Feldwegen, die das gesammelte Regenwasser direkt ins nächste Gewässer schicken. Weil dieses Wasser in beiden Fällen weder über eine Bodenpassage noch in einer Kläranlage gereinigt wird, sprechen die Fachleute von hydraulischen Kurzschlüssen.
 

Hier fliesst Wasser von mehreren Einlaufschächten zusammen und dann direkt in den nahen Bach.
(Foto: Eawag, Urs Schönenberger)

Grosse Flächen betroffen

Von den untersuchten Ackerflächen, die mit einem Gewässer verbunden sind, erfolgt diese Verbindung im Mittel bei 55% über Kurzschlüsse. Bodenhydrologe Christian Stamm, Leiter der Untersuchung, schliesst daraus, dass über diesen Weg die Bäche erheblich mit Pflanzenschutzmitteln belastet werden. Dies umso mehr, als bei Regenfällen auch die Abschwemmung von Pestiziden ab Strassen und Wegen deutlich höher sein dürfte als bisher angenommen.
 

Anteil über hydraulische Kurzschlüsse (=indirekt) angeschlossener Landwirtschaftsflächen an der gesamten angeschlossenen Landwirtschaftsfläche pro Einzugsgebiet im Mittelland und Jura. Für die Bergzonen (grau) wurde keine Modellierung erstellt. (Hintergrundkarte: reproduziert mit Bewilligung von swisstopo / JA100119)

Dass hydraulische Kurzschlüsse erheblich beitragen zur Pestizidproblematik in den Bächen, wird gestützt von Wasserproben aus näher untersuchten Einlaufschächten: Während Regenfällen stiegen die Pflanzenschutzmittel-Konzentrationen stark an. Das Wasser aus den Schächten muss bis um das 50-fache verdünnt werden, um im Bach eine Gefährdung der Organismen zu vermeiden.

Massnahmen zur Risikoreduktion abgeleitet

Die Studie wurde im Zusammenhang mit dem Nationalen Aktionsplan Pflanzenschutzmittel durchgeführt. Die Forschenden empfehlen nun, die hydraulischen Kurzschlüsse bei Massnahmen zur Reduktion der Pestizideinträge in Gewässer besser zu berücksichtigen. Vor allem sollten bei der Zulassung und Auflagen gegen die Abschwemmung von Mitteln statt nur die Ackerflächen entlang der Gewässer neu ganze Einzugsgebiete betrachtet werden. Und für eine Risikoreduktion müsse auch geprüft werden, wie Kurzschlüsse unterbunden oder z.B. mit Abstandsauflagen entschärft werden könnten.
 

Über solche Einlaufschächte gelangt Wasser vom Feld und vom Flurweg direkt ins nächste Gewässer – ein hydraulischer Kurzschluss.
(Foto: Eawag, Urs Schönenberger)

Titelbild: Urs Schönenberger

Originalpublikation

Bedeutung hydraulischer Kurzschlüsse für die Belastung der Gewässer mit Pflanzenschutzmitteln; Urs Schönenberger, Anne Dax, Heinz Singer, Christian Stamm (alle Eawag); Aqua&Gas Nr. 11/2020.

Fachartikel

Hydraulic Shortcuts Increase the Connectivity of Arable Land Areas to Surface Waters. Urs Schönenberger, Christian Stamm. Hydrology and Earth System Sciences (HESS), September 2020; https://doi.org/10.5194/hess-2020-391

Finanzierung / Kooperationen

Das Projekt wurde finanziert vom Bundesamt für Umwelt. Die Kartierungen und Drohnenaufnahmen entstanden in Zusammenarbeit mit der Forschungsgruppe Ökohydrologie der ZHAW.