Abteilung Verfahrenstechnik
Wasserwiederverwendung Schweiz
Das Projekt «Wasserwiederverwendung Schweiz» erarbeitet einen Überblick über Bedarf, Chancen und Risiken der Wasserwiederverwendung in der Schweiz. Das Projekt wird in Kooperation mit externen Akteuren durchgeführt. Die Kerngruppe im Projekt bindet Mitarbeitende aus folgenden Organisationen ein:
- Bundesamt für Umwelt (BAFU)
- Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich
- Amt für Wasser und Abfall des Kantons Bern
- Amt für Umwelt des Kantons Solothurn
- Generaldirektion für Umwelt des Kantons Waadt
Ergänzend gibt es eine Begleitgruppe, deren Mitglieder punktuell mit ihrer Expertise unterstützen:
- Akteure aus der Landwirtschaft (Bundesamt für Landwirtschaft, Agroscope)
- Abteilungen Eawag: Aquatische Ökologie, Siedlungswasserwirtschaft, Umweltchemie, Umweltmikrobiologie, Umweltsozialwissenschaften, Verfahrenstechnik, Wasserressourcen & Trinkwasser
- Behörden der Kantone Genf und Thurgau
- Schweizer Verband Kommunaler Infrastruktur (SVKI)
- Fachverband für Wasser, Gas und Wärme (SVGW)
- Verband Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA)
- Weitere Hochschulen und Universitäten: Berner Fachhochschule (BFH), Technische Universität München (TUM)
Das Projekts läuft zunächst bis Mai 2024. Im Zuge dessen werden die nachstehenden Arbeitspakete behandelt:
- Grundlagenermittlung: Aktuelle rechtliche Basis zur Wasserwiederverwendung in der Schweiz und im nahen Ausland;
- Wasserverfügbarkeit und –Bedarf: Quantitative Abschätzung des möglichen Potentials von Wasserwiederverwendung in der Schweiz;
- Szenarienanalyse: Um die Entwicklung resilienter Strategien für das Wassermanagement der Schweiz in der Zukunft zu ermöglichen, werden verschiedene Szenarien analysiert. Die Szenarien werden so ausgewählt, dass eine breite Spanne an Optionen, wie die Zukunft aussehen könnte, abgedeckt wird.
- Wasserqualität: Welche Anforderungen an die Wasserqualität müssten bei der Wasserwiederverwendung für verschiedene Anwendungen eingehalten werden?
- Stakeholder in der Schweiz: Welche Bedürfnisse haben verschiedene Akteure auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene? Welche Wünsche, Bedenken und Chancen sieht die Begleitgruppe beim Thema Wasserwiederverwendung? Welche Aspekte bezüglich der sozialen Akzeptanz müssen generell beachtet werden?
An der Eawag wurden und werden weitere Projekte zur Wasserwiederverwendung durchgeführt, mit Fokus auf den dezentralen Bereich:
Wings (Innovationen im Bereich nicht-netzwerk basierter Wasser- und Abwassersysteme)
Lighthouse Initiatives for Decentralised Urban Water Management
Was ist Wasserwiederverwendung?
Bei der Wasserwiederverwendung wird Abwasser zentral oder dezentral aufbereitet und kann als alternative Wasserressource für verschiedene Anwendungen eingesetzt werden:
- Bewässerung in der Landwirtschaft
- Bewässerung urbanes Grün
- Industrie
- Haushaltszwecke
- Reinigungszwecke z.B. Strassen oder Kanal
Die Wasserwiederverwendung ist in Ländern und Regionen mit geringer Wasserverfügbarkeit bereits etablierte Praxis. Auch die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, die Wasserwiederverwendung in den Mitgliedsstaaten zu fördern. Mit 26.06.2023 ist die entsprechende Verordnung 2020/741 über die Mindestanforderungen an die Wasserwiederverwendung in der Landwirtschaft in Kraft getreten, allerdings nur für die Mitgliedsstaaten, die sich für die nationale Umsetzung der Verordnung entschieden haben.
Wie relevant ist Wasserwiederverwendung für die Schweiz?
In der Schweiz wird in der Zukunft eine klimabedingte Zunahme von Hitzeperioden und Trockenphasen erwartet. Damit geht ein Anstieg des Wasserbedarfs für die Bewässerung einher. Dieser Trend zur Bewässerung wird auch durch die vermehrte Umsetzung des Schwammstadt-Konzepts im urbanen Raum verstärkt werden. Auch der Kühlwasserbedarf steigt durch die erhöhten Temperaturen an.
Durch die Nutzung von wiederverwendetem Wasser können Entnahmen von Wasser aus Oberflächengewässern und dem Grundwasser substituiert werden, womit zum Schutz dieser Gewässer beigetragen werden kann. Auch die ökologische Qualität von Oberflächengewässern kann sich durch die reduzierte Einleitung von Kläranlagenabläufen verbessern.
Um den Eintrag vor Mikroverunreinigungen in die Umwelt zu reduzieren, wird in der Schweiz der Ausbau der Kläranlagen um eine vierte Reinigungsstufe vorangetrieben. Dadurch bestehen auch technologisch bereits gute Voraussetzungen für die weitergehende Behandlung von Abwasser für die Wasserwiederverwendung.
Was muss beachtet werden?
Beim Thema der Wasserwiederverwendung müssen quantitative Anforderungen (ökologische Mindestabflüsse) sowie qualitative Aspekte (biologische und chemische Wasserqualität) beachtet. Die Schutzgüter (Boden, Grundwasser, Oberflächengewässer, Pflanzen, Menschen), welche von der Wasserwiederverwendung potenziell betroffen sein können, dürfen nicht nachteilig durch die Praxis betroffen sein. Ausserdem ist es wichtig, soziale Aspekte wie die Akzeptanz und institutionelle Legitimität von Wasserwiederverwendungsprojekten zu berücksichtigen.
Glossar
In der Literatur zur Wasserwiederverwendung werden regelmässig bestimmte Begriffe verwendet. Eine Auswahl ist nachstehend definiert, um ein gemeinsames Verständnis des Themas zu schaffen.
Abwasser
Wasser, welches durch häusliche, industrielle, gewerbliche, landwirtschaftliche oder sonstige Nutzung verändert wurde, sowie Wasser welches stetig durch die Kanalisation abfliesst oder Niederschlagswasser das von bebauten oder befestigten Flächen abfliesst. [1] - Art. 4 (e)
Brauchwasser
Wasser, das nicht für den unmittelbaren menschlichen Genuss bestimmt ist. Dadurch muss die Wasserqualität meist nicht dem Trinkwasserstandard entsprechen. Brauchwasser kann aus Oberflächengewässern aber auch aus Kläranlagenablauf gewonnen werden. Seine Distribution muss in einem vom Trinkwasser getrennten, separaten Leitungssystem erfolgen. [2]
Braunwasser
Bei Trenntoiletten wird der Urin separat gesammelt, der restliche Abwasserstrom enthält Spülwasser, Fäkalien und Toilettenpapier und wird als Braunwasser bezeichnet. [3]
Dezentrale Abwasserbewirtschaftung
Abwasser, welches in einem Gebäude anfällt, wird lokal gesammelt und vor Ort aufbereitet. Diese Option kann in Fällen angewandt werden, wo kein Anschluss an ein zentrales Abwassersystem möglich/sinnvoll ist oder bestehende Infrastruktur nicht weiter belastet werden soll. Das gereinigte Abwasser steht vor Ort zur Wiederverwendung zur Verfügung. Dezentrale Abwasserbehandlungsansätze können auf einer Stoffstromtrennung basieren. Dabei wird verschieden belastetes Abwasser (Grauwasser, Schwarz-/Braunwasser, Gelbwasser) bedarfsgerecht behandelt. [4]
Gelbwasser
Abwasser aus Trenntoiletten, welches nur Urin und optional Spülwasser enthält. [5]
Grauwasser
Abwasser aus Bad (Waschbecken, Duschen, Badewannen, Waschmaschinen) und Küchen (Küchenspülen, Geschirrspüler), exklusive das Abwasser von Toiletten. [6]
Indirekte Wasserwiederverwendung
Gereinigtes Abwasser von Kläranlagen wird üblicherweise in einen Vorfluter, meist einen Fluss oder See, eingeleitet. Bei der indirekten Wasserwiederverwendung wird Wasser aus so einem Vorfluter entnommen und beispielsweise zur Trinkwassererzeugung, landwirtschaftlichen Bewässerung oder für andere Zwecke verwendet. Obwohl der Anteil an gereinigtem Abwasser in verschiedenen Oberflächengewässern signifikant sein kann, besonders in Trockenphasen, wird dies in den Bestimmungen zur Wasserqualität oder bei Risikomanagementplänen meist nicht explizit berücksichtigt.
Im Englischen werden für die indirekte Wasserwiederverwendung auch oft die Begriffe «unplanned reuse» oder «de facto reuse» verwendet. [7]
Schwarzwasser
Abwasser, welches Spülwasser, Toilettenpapier, Fäkalien und Urin enthält. [4]
Trockenstress bei Pflanzen
Von Trockenstress oder Wasserstress bei Pflanzen wird dann gesprochen, wenn das im Boden verfügbare Wasser und die davon abhängige tatsächliche Evapotranspiration einer Pflanze geringer ist, als es die potentielle Evaporation verlangen würde. [8]
Wasserstress
Der Wassernutzungs-Index beschreibt das Verhältnis von anthropogenen Wasserentnahmen zu erneuerbaren Wasserressourcen. Bei einem Wert des Wassernutzungs-Index grösser gleich 20% wird international von Wasserstress gesprochen. [8]
Wasserwiederverwendung
Bewusste Verwendung von gereinigtem Abwasser für weitere Verwendungswecke. Die Aufbereitung kann über die konventionelle Abwasserbehandlung hinausgehen, je nach erforderlicher Qualität des Wiederverwendeten Wassers. [9]
Im Englischen wird von «water reuse» oder «water reclamation» gesprochen. [7]
Zentrale Abwasserbewirtschaftung
Das gesamte anfallende Abwasser (Grauwasser, Schwarzwasser, Toilettenspülwasser, bei Mischsystemen auch Niederschlagswasser) wird über die Kanalisation abgeleitet und einer zentralen Abwasserreinigungsanlage zugeführt. Dort wird das Abwasser behandelt und der gereinigte Kläranlagenablauf in einen Vorfluter eingeleitet. [10]
Projektdauer
Dieses Projekt startete im Januar 2023 wurde im Mai 2024 abgeschlossen. Der Projektabschlussbericht kann hier heruntergeladen werden