Abteilung Umweltsozialwissenschaften
MULTITRANS
MULTITRANS entwickelt neue Ansätze zur Analyse von Nachhaltigkeitstransitionen, die nicht auf einzelne Orte, räumliche Skalen und Sektoren beschränkt sind
Die Transformation von Infrastruktursektoren wie Energie, Transport und Wasser im Sinne der Nachhaltigkeit ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Unter anderem die anhaltende Klimakrise und die zunehmende Urbanisierung üben einen enormen Druck auf Infrastruktursektoren aus, sich strukturell zu transformieren, zu dekarbonisieren und inklusiver zu werden.
In der Vergangenheit hat sich die Transformationsforschung weitgehend auf die Analyse von Transformationsprozessen an bestimmten Orten (z. B. in den Niederlanden), in bestimmten Verwaltungsräumen (z. B. in Städten oder Nationen) oder innerhalb einzelner Sektoren (z. B. Energie, Mobilität, Agrar- und Ernährungswirtschaft, Wasser) konzentriert. Diese Fokussierung hat zu zahlreichen Erkenntnissen darüber geführt, wie Transformationsprozesse in diesen Kontexten initiiert, unterstützt und beschleunigt werden können.
In den letzten Jahren ist jedoch immer deutlicher geworden, dass Transformationsprozesse auf komplexen Interaktionen über verschiedene Orte, Verwaltungsräume und Sektoren hinweg beruhen. Beispiele hierfür sind Städtenetzwerke wie C40, die transformative Infrastrukturlösungen in ihren Mitgliedsstädten fördern, supranationale Institutionen wie der Aktionsplan für eine Kreislaufwirtschaft der Europäischen Union, die sektorale Transformationen in mehreren Staaten vorantreiben, und Fortschritte in der Informationstechnologie, die transformative Veränderungen in mehreren Infrastruktursektoren ermöglichen (z. B. Plattform-Apps aus dem IT-Sektor für multimodale Mobilitätslösungen).
Das Projekt MULTITRANS zielt daher darauf ab, neue Konzepte und methodische Ansätze für die Analyse von Transformationsdynamiken zu entwickeln, die nicht auf einzelne Orte, Verwaltungsräume und Sektoren beschränkt sind. Bei der Entwicklung der Konzepte und methodischen Ansätze werden wir auf Theorien der Transitionsforschung, der Wirtschaftsgeographie und der Organisationstheorie zurückgreifen. Die neuen Konzepte und Methoden werden wir dann auf die Analyse von Transformationsdynamiken in zwei Sektoren mit grundlegend unterschiedlichen strukturellen Zusammensetzungen anwenden: Urbane Mobilität und Siedlungswasserwirtschaft.
Die Siedlungswasserwirtschaft ist durch eine monolithische Struktur gekennzeichnet, bei der eine Infrastrukturlösung (weitreichende Kanalisationssysteme und eine zentralisierte Aufbereitung von (Brauch-)wasser) weltweit als „Goldstandard“ gilt. Die urbane Mobilität hingegen weist eine polyzentrischere Struktur auf, in welcher das private Auto, der öffentliche Verkehr und die aktive Mobilität (Fahrrad, zu Fuß gehen, Mikromobilität) gemeinsam Verkehrslösungen anbieten. Dieser Unterschied in der strukturellen Zusammensetzung des Sektors wird sich voraussichtlich stark darauf auswirken, wie, wo und durch welche sektoralen Verknüpfungen Transformationsprozesse ausgelöst werden.
In der Siedlungswasserwirtschaft werden wir uns auf den Übergang von groß angelegten Wasser- und Abwasserinfrastrukturen zu modularen Wasserwiederaufbereitungssystemen konzentrieren. Im Bereich der städtischen Mobilität werden wir den Übergang vom autodominierten Stadtverkehr zu einem komplexeren Modalsplit untersuchen. Durch die Analyse komplexer Transformationsdynamiken in zwei strukturell unterschiedlichen Sektoren wollen wir einen allgemeinen Rahmen für die Konzeptualisierung und Analyse von Transformationsdynamiken entwickeln.
Unser Ziel ist es, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie und wo vielversprechende Transformationsdynamiken entstehen können, und in welchen Verwaltungsräumen Hebel für transformativen Wandel zu finden sind. Auf diese Weise wollen wir politischen Entscheidungsträgern Erkenntnisse darüber liefern, wie städtische, nationale und supranationale Politiken in verschiedenen Sektoren effektiver koordiniert werden können, um die Transformation zur Nachhaltigkeit zu beschleunigen.