Kapitel 1: «Der blau-grüne Spirit aus der Forschungsinitiative wird weiterleben»


Ein Gespräch mit den beiden Co-Leitenden der Forschungsinitiative, Prof. Catherine Graham von der WSL und Prof. Florian Altermatt von der Eawag, über den Innovationswert der Forschungsinitiative Blue-Green Biodiversity, über die enge Zusammenarbeit zwischen den beiden Forschungsinstituten sowie über blau-grüne Denkweisen.

Wir befinden uns inmitten einer globalen Biodiversitätskrise. Wie sieht es in der Schweiz aus?

Florian Altermatt: Auch in der Schweiz befindet sich die Biodiversität in einem besorgniserregenden Zustand. Über ein Drittel aller Arten ist gefährdet. Das ist mehr als in den umliegenden Ländern. Gleichzeitig haben wir ein sehr grosses Biodiversitäts-Potenzial. Unser Land im Herzen Europas ist Teil von ganz unterschiedlichen biogeografischen Regionen und weist einen überdurchschnittlich hohen Anteil an aquatischen Lebensräumen wie Seen, Flüsse, Bäche und Kleingewässer auf. Gerade die Arten der Übergangsbereiche zwischen Wasser und Land sind besonders stark gefährdet.

Die Bevölkerung sieht das ganz anders: Eine Umfrage hat ergeben, dass der Zustand der Biodiversität mehrheitlich als gut bis sehr gut eingeschätzt wird.

Catherine Graham: Der Landschaftswandel ist ein schleichender Prozess. Die Menschen gewöhnen sich rasch an kleinere Veränderungen: Hier ein neues Haus, dort ein trockengelegter Tümpel. Das provoziert noch keinen Aufschrei. Die Leute wandern durch die Landschaft und sehen immer noch viel Natur. In der Summe betrachtet sind die Veränderungen über die Jahrzehnte allerdings dramatisch.

Altermatt: Biodiversität benötigt Platz und einen gewissen Grad an «Unordnung». Die Schweizerinnen und Schweizer sehen Wildnis gerne in einem Nationalpark oder weit weg auf ihren Reisen, aber vor der eigenen Haustüre wird sie nicht unbedingt geschätzt. Der Drang, alles aufzuräumen und natürliche Dynamik zu verhindern, ist für die Biodiversität und die Landschaftsqualität fatal. Hinzu kommt teilweise ein kleinräumiges und sektorales Denken. Beispielsweise grenzen Naturschutzgebiete oft direkt an intensiv genutzte Landwirtschaftsflächen ohne genügende Übergangs- und Pufferbereiche. Es gibt zwar wertvolle Feuchtgebiete, aber der Bach, der hinein und wieder hinausfliesst, kann kanalisiert und damit naturfern sein.

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Kernbotschaften

> Die enge Zusammenarbeit zwischen Biodiversitätsforschenden der Eawag und WSL führte zu spannenden, engen und konstruktiven Verflechtungen und Kooperationen, die eine integrative Bearbeitung von Fragestellungen ermöglicht haben.

> Die Integration und Zusammenführung riesiger Datensätze aus dem aquatischen und terrestrischen Bereich ermöglichte neue Erkenntnisse über Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen blauen und grünen Ökosystemen.

> Die Forschungsprojekte waren praxisorientiert ausgerichtet, so dass ein Wissenstransfer in die Anwendung möglich ist.

Kontakte

Co-Leitung der Forschungsinitiative

Prof. Dr. Florian Altermatt
Tel. +41 58 765 5592
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Prof. Dr. Catherine Graham
Tel. +41 44 739 2361
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Wissenschaftliche Koordinatorin

Dr. Morgane Brosse
Tel. +41 58 765 5798
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