Die invasive Quaggamuschel
Die Quaggamuschel ist in der Schweiz eine invasive Art. In betroffenen Gewässern verbreitet sie sich rasant und hat tiefgreifende Auswirkungen. Sie verändert Ökosysteme, befällt Infrastrukturanlagen und verursacht Kosten in der Höhe von Hunderten von Millionen Franken. Forschende der Eawag arbeiten deshalb daran, die Auswirkung so genau wie möglich zu verstehen und vorauszusagen.
Die Quaggamuschel (Dreissena rostriformis bugensis) ist eine invasive Art: Ursprünglich stammt sie aus dem Schwarzmeerraum, doch ist sie mittlerweile in grossen Teilen Europas und Nordamerikas verbreitet. Sie kommt in Seen, langsam fliessenden Flüssen und Mündungsgebieten vor.
Die invasive Muschel stellt bei uns vor allem in den tiefen Seen des Alpenvorraums ein Problem dar, weil sie hier, anders als entlang der Flachwasserzonen in ihrer ursprünglichen Heimat, nur in kleiner Zahl von Wasservögeln und Fischen gefressen wird.
Die Verbreitung erfolgt zum einen natürlicherweise, indem die Larven in der Strömung schweben und so stromabwärts getrieben werden. Im Bilgen-, Motorenkühl- oder Ballastwasser von Booten, die in verschiedenen Gewässern verwendet werden, werden die Larven aber auch unbeabsichtigt durch den Menschen verschleppt. Die erwachsenen Muscheln kleben sich ausserdem an Booten und anderen Gegenständen fest. Neben der Verbreitung über die Boote findet die Verschleppung über Wassersport- oder Fischereimaterial von einem Gewässer ins nächste statt.
Tiefgreifende Auswirkungen auf Natur und Infrastruktur
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit und das hohe Schadenspotenzial der Quaggamuschel stellt Behörden und Betreiber von Energie- und Wassernutzungen an Gewässern vor Herausforderungen.
Die Anwesenheit der Muschel verändert Ökosysteme erheblich. Durch die hohe Filtrationsrate wird zum Beispiel das Phytoplankton stark reduziert, welches somit anderen Organismen, zum Beispiel Wasserflöhen (Zooplankton), als Nahrungsgrundlage fehlt. Diese Tierchen sind ihrerseits das Futter für die Fische, deren Nahrungsangebot damit auch reduziert ist. Weniger Phytoplankton führt ausserdem zu klarerem Wasser, wodurch Licht tiefer in den See gelangen kann und Wasserpflanzen vermehrt wachsen können. Dies wiederum hat Veränderungen in der Ökosystemstruktur und den Nahrungsnetzen zur Folge. Forschende der Eawag arbeiten daran, die Auswirkung auf Ökosysteme so genau wie möglich zu verstehen und vorauszusagen. Wechselwirkungen mit weiteren invasiven Arten, möglichen Verschmutzungen und auch dem Klimawandel machen die Voraussage jedoch für jedes Gewässer einzigartig und komplex.
Zudem beeinträchtigt die Quaggamuschel die Nutzung der Gewässer durch die Menschen. Das grösste Problem ist dabei die Verstopfung von Rohren von Wasserversorgungen oder Kühlwassersystemen. Die Kosten für Wartung und Erneuerung steigen stark an. Aber auch Fischer, die mit ihren Bodennetzen mehr Muscheln als Fische fangen, haben einen erheblichen Mehraufwand bei der Reinigung ihrer Netze.
Aktuelle Situation in der Schweiz
Wenn sich die Quaggamuschel einmal in einem Gewässer etabliert hat, ist sie nicht mehr loszuwerden. Das gilt für Bodensee, Genfersee, Neuenburgersee, Bielersee, Murtensee, Lac de Joux und Lac de l’Hongrin sowie Rhein und Aare. Besonders stark betroffen sind Bodensee, Genfersee und Neuenburgersee. Vor kurzem wurde die Quaggamuschel auch im Zürichsee, im Zugersee und im Alpnachersee entdeckt.
In diesen Seen dürfte die Biomasse der Quaggamuschel pro Quadratmeter in den nächsten 20 bis 30 Jahren um den Faktor 9 bis 20 anwachsen. Zusätzlich wird sie vermehrt auch in die tieferen Bereiche der Seen vordringen. Dies zeigt ein Vergleich mit den nordamerikanischen Seen, wo die Muschel schon länger verbreitet ist. Ohne präventive Massnahmen ist es wahrscheinlich, dass sie rasch auch in bisher unberührte Gewässer verschleppt wird.
Berechnete Biomasse der Quaggamuscheln pro Quadratmeter über einen Zeitraum von 33 Jahren seit dem ersten Nachweis. Die Punkte repräsentieren den Zustand im Jahr 2022. (Grafik: Kraemer et al., 2023, überarbeitet)
Gemeinsames Handeln ist notwendig
Die Eawag empfiehlt, Gewässer, die noch nicht betroffen sind, bestmöglich zu schützen. Dies kann erreicht werden durch das Kontrollieren, Reinigen und Trocknen von Booten, Wassersport- und Fischereimaterial, wenn von einem Gewässer in ein nächstes gewechselt wird. In betroffenen Gewässern kann man die Folgen abfedern, indem man etwa die Infrastruktur so gestaltet, dass die Muscheln und ihre Larven nicht eindringen können.
Gemeinsam mit Bund und Kantonen erarbeitet die Eawag an einem möglichst einheitlichen Konzept für die Früherkennung und das Monitoring der Quaggamuschel. Zudem berät sie kantonale Neobiota-Fachstellen, Wasser- und Wärmeversorgungen und weitere Akteurinnen und Akteure bei der Weitentwicklung und Harmonisierung von Präventions- und Schutzmassnahmen.
Aktuelles
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Geschichte der Quaggamuschel in der Schweiz
Aktuelle Verbreitung der Quaggamuschel in Schweizer Gewässern (Rote Punkte). Der erste Fund war im Jahr 2014 in einer Umwelt-DNA-Probe vom Rhein in Basel. Die Jahreszahlen neben den Punkten geben das Jahr der Erstentdeckung an. Seen, in denen noch keine Quaggamuscheln gefunden wurden, sind mit leeren Quadraten gekennzeichnet. Die übrigen Seen wurden nicht untersucht.
Grafik: Haltiner et al. 2022, (überarbeitet)
Video: Quagga-Muschel wird sich massiv verbreiten
Das Schweizer Fernsehen SRF berichtet am 16. November 2023 über eine Studie der Eawag. Danach dürfte die Quagga-Biomasse pro Quadratmeter um das Neun- bis Zwanzigfache zunehmen und die Muschel dürfte vermehrt in tiefere Bereiche von Schweizer Seen vordringen.
Bildergalerie
Die folgenden Bilder von Quaggamuscheln stellen wir Ihnen zur Verfügung unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-SA 4.0.
Publikationen für die Praxis
Forschungsprojekte
Netzwerk
Wir arbeiten mit verschiedenen Partnern zusammen.
Die Arbeitsgruppe der Konferenz der Umweltämter unterstützt die Kantone im Bereich invasiver Neobiota.
Der Bund koordiniert das Management invasiver gebietsfremder Arten.
Die IGKB will den Bodensee als einzigartigen Lebensraum schützen.
Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB)
Wissenschaftliche Publikationen
Titelbild: Quaggamuscheln auf einem Stein im Bodensee (Foto: Eawag).